Baar – Das hohe Niveau der Rohstoffpreise hat Glencore in der ersten Jahreshälfte einen Riesengewinn beschert. Ein Teil davon fliesst nun direkt an die Aktionäre des Rohstoffkonzerns.
12,1 Milliarden Dollar oder beinahe zehn Mal mehr als vor einem Jahr weist Glencore als Halbjahresgewinn aus. Zurückzuführen ist dieser Riesengewinn auf die derzeit hohen Rohstoffpreise, welche die Förderung der Rohstoffe richtig lukrativ machte, obwohl derzeit auch die Förderkosten am Steigen sind.
Profitiert hat Glencore aber auch von der Unsicherheit im weltweiten Handel mit Rohstoffen, namentlich bei Energieträgern. Verhalten sich diese Märkte nämlich volatil, dann spielt dies in die Hände der Händler. Deren Geschäft wird bei rasanten Preisveränderungen und hohen Preisdifferenzen zwar risikoreicher, vor allem wird es aber auch lukrativer.
So hat die Handelssparte von Glencore (Segment Marketing) von Januar bis Juni auf Stufe EBIT einen adjustierten Betriebsgewinn von 3,7 Milliarden Dollar geschrieben. Das Ergebnis aus dem Handelsgeschäft ist damit noch deutlich besser, als im Juni vom Konzern vorangekündigt: Damals hiess es nämlich noch, dass man mit einem Sparten-EBIT von 3,2 Milliarden Dollar rechne. Auch damit wäre das ursprünglich für das ganze Jahr angepeilte Gewinnziel für dieses Geschäftssegment bereits übertroffen gewesen.
Der am Donnerstag bekannt gemachte Riesengewinn kommt aber auch mit Blick auf das Bergbau- und Öl- und Gasfördergeschäft (Segment Industry) nicht wirklich überraschend: So wurden Ende Juli bereits die Fördermengen publiziert, die in Kombination mit den momentan hohen Preisen auf eine entsprechend positive Ergebnisentwicklung in diesem Geschäftssegment schliessen liessen.
Konkret meldete Glencore etwa eine Ausweitung der geförderten Kohle um 14 Prozent auf über 55 Millionen Tonnen sowie ein Plus beim geförderten Öl um 22 Prozent auf 3,1 Millionen Fass. Alles in allem fiel der Betriebsgewinn der Sparte (EBIT) mit 15,0 Milliarden Dollar mehr als doppelt so hoch aus wie noch in der ersten Jahreshälfte 2021.
Prognosen der Experten übertroffen
Das Ausmass des Gewinnsprungs hat schliesslich aber dennoch die Prognosen von Bankanalysten deutlich übertroffen. Diese sahen den Reingewinn nämlich eher bei 10 als bei über 12 Milliarden Dollar.
Und weil die Nettoverschuldung von Glencore mit 2,3 Milliarden Dollar derzeit fernab der selbst gesetzten Schulden-Obergrenze liegt, sollen zusätzlich zur ordentlichen Dividende und den bereits kommunizierten Aktienrückkäufen dieses Jahr weitere 4,5 Milliarden Dollar in Richtung der Aktionäre fliessen. Einerseits wird dies in Form eines Aktienrückkaufprogramms, anderseits über eine Zusatzdividende geschehen.
Russische Beteiligungen noch nicht veräussert
Dass Glencore in den letzten Monaten die Beteiligungen an zwei russischen Unternehmen wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine abgeschrieben hat, fiel angesichts der ausserordentlich hohen Gewinnzahlen gar nicht mehr sehr stark ins Gewicht. Losgeworden ist der Rohstoffkonzern mit Sitz in Baar seine Anteile an EN+ und Rosneft aber noch nicht.
Wie es am Donnerstag an einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern hiess, wurde nämlich noch kein Weg zum Verkauf der Beteiligungen gefunden. «Wir haben alle Möglichkeiten evaluiert, unter den aktuellen Börsenbedingungen aber noch keinen akzeptablen Weg gefunden», sagte dazu Glencore-Chef Gary Nagle.
Der schweizerisch-britische Konzern hält 10,55 Prozent an EN+, dem Konzern, der unter anderem Rusal kontrolliert, sowie 0,57 Prozent am staatlichen Ölkonzern Rosneft. In den Verwaltungsräten oder Geschäftsleitungen dieser Unternehmen ist Glencore nach eigenen Angaben aber nicht vertreten. Die beiden Beteiligungen waren zusammen gemäss Halbjahresbericht Ende letzten Jahres noch mit 1,27 Milliarden Dollar bewertet. (awp/mc/ps)