Bern – Damit die für die Schweiz und Europa wichtige Gotthard-Verbindung auch während der Sanierung des Strassentunnels erhalten bleibt, schlägt der Bundesrat den Bau einer zweiten Strassenröhre – ohne Kapazitätserweiterung – vor. Der Bundesrat zeigt sich überzeugt, dass diese Sanierungsvariante sowohl vom Aufwand und den Kosten als auch von der Sicherheit her langfristig die sinnvollste Lösung ist. Der Alpenschutzartikel bleibe gewahrt. Es wird pro Richtung immer nur eine Fahrspur in Betrieb sein. Der Bundesrat will diese Beschränkung gesetzlich verankern und dem Parlament somit eine referendumsfähige Vorlage unterbreiten.
Der Gotthard-Strassentunnel muss aufgrund seines Alters umfassend saniert und erneuert werden. Dazu ist eine Sperrung des Tunnels unumgänglich. Im Hinblick auf diese Arbeiten hat der Bundesrat umfangreiche Abklärungen und Studien in Auftrag gegeben. Nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller Aspekte sei der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass der Bau einer zweiten Tunnelröhre ohne Kapazitätserweiterung und die anschliessende Sanierung des bestehenden Tunnels die sinnvollste Lösung sei, teilt das UVEK mit. Damit können Funktionalität, Sicherheit, Verträglichkeit und Verfügbarkeit der Gotthard-Route zusätzlich erhöht werden. Zudem kann so dem Anliegen des Kantons Tessin Rechnung getragen werden, auch während der Sperrung über eine gute Strassenverbindung in den Norden zu verfügen.
Besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis
Der Bundesrat begründet seinen Entscheid unter anderem mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Der Bau einer zweiten Röhre mit anschliessender Sanierung des bestehenden Tunnels kostet insgesamt rund 2,8 Milliarden Franken. Darin eingerechnet sind auch die Kosten, die anfallen, um den bestehenden Tunnel bis zur Eröffnung der zweiten Röhre länger betriebstauglich zu halten. Die Investitionen liegen damit zwar höher als bei den anderen Varianten. Die höheren Investitionen gingen aber auch mit einem erheblich gesteigerten Nutzwert einher und zahlten sich langfristig somit aus, so das UVEK.
Mit dieser Variante stehe dem Personen- und Güterverkehr künftig ein redundantes System zur Verfügung: Sobald beide Tunnel in Betrieb seien, gebe es in jeder Röhre eine Fahrspur und einen Pannenstreifen. Der normale Unterhalt könne so künftig ohne Sperrnächte gewährleistet werden, und die nächste, nach jeweils rund 40 Jahren notwendige Sanierung, könne ohne aufwendiges Verkehrsmanagement erfolgen.
Nachhaltige Investition
Für den Bundesrat wesentlich ist vor allem auch die Frage der nachhaltigen Investitionen: Die bei einem Verzicht auf eine zweite Röhre erforderlichen Investitionen in das Verkehrsmanagement seien dies nicht. Die grossflächigen Verladerampen und teuren Terminals müssten nach der Sanierung wieder abgebrochen werden. Trotz Kosten von bis zu 1 Mrd Franken könnte mit diesen Geldern kein bleibender Mehrwert erzielt werden. Damit die Rollende Landstrasse effizient genutzt und die gewünschten Kapazitäten erreicht werden könnten, müsste zudem das gesetzlich verankerte Nachtfahrverbot lokal und temporär aufgehoben werden. Sonst könnten die Lastwagen die Verladeanlagen nicht rechtzeitig erreichen. Ausserdem sei davon auszugehen, dass ein Teil des Verkehrs auf andere Strecken – etwa auf die San Bernardino-Route – ausweichen würde.
Mehr Sicherheit
Auch wenn dereinst zwei Tunnelröhren verfügbar seien, werde stets nur eine Fahrspur pro Richtung in Betrieb sein, wird betont. Die andere diene als Pannenstreifen. Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen könnten so rasch und ungehindert zu einem Unfall gelangen. Das Risiko von Frontal- und Streifkollisionen könne stark gesenkt werden, da mit einer zweiten Röhre Gegenverkehr grundsätzlich vermieden werden könne.
Alpenschutzartikel nicht tangiert
Mit nur je einer Fahrspur pro Richtung und Röhre werde ausserdem sichergestellt, dass die Kapazität des alpenquerenden Verkehrs nicht erhöht wird. Mit dem Bau einer zweiten Strassenröhre durch den Gotthard wird somit der Alpenschutzartikel in der Bundesverfassung nicht tangiert. Um dies zu verdeutlichen, will der Bundesrat die Beschränkung der Fahrspuren gesetzlich verankern und dem Parlament eine referendumsfähige Vorlage unterbreiten.
Frühestens 2027 in Betrieb
Mit der Inbetriebnahme der neuen Tunnelröhre kann im besten Fall etwa im Jahr 2027 gerechnet werden. Langwierige Rechtsverfahren können zu Verzögerungen führen. Die anschliessende Sanierung des bestehenden Tunnels dauert rund 2,5 Jahre. (UVEK/mc/pg)