Greenpeace: Neue Videos aus der Massentierhaltung – legales Leiden

Greenpeace: Neue Videos aus der Massentierhaltung – legales Leiden
(Bild: Greenpeace)

Zürich – Greenpeace Schweiz enthüllt neue Aufnahmen von drei konventionellen Tierbetrieben, die Migros und Coop mit Fleisch beliefern. Die Videos wurden dieses Jahr in der Schweiz gedreht und zeigen einmal mehr: Es gibt in der Schweiz tatsächlich Massentierhaltung und das Tierwohl ist dabei nicht gewährleistet. Die Bilder zeigen Tausende von Hühnern, einige davon krank oder bewegungsunfähig, Kadaver auf dem Boden und zusammengepferchte Schweine ohne jeglichen Zugang ins Freie.

Nichts davon ist illegal, und genau darin liegt das Problem. Diese Art der konventionellen Tierhaltung würde mit einem Ja zur Initiative gegen Massentierhaltung am 25. September nicht mehr existieren. Eine Abstimmung, mit der wir nicht nur die Würde der Tiere, sondern auch die Umwelt und das Klima schützen können.

«Das Schweizer Tierschutzgesetz ist eines der strengsten der Welt» – ein Satz, der sich in allen Debatten findet, sogar in der Abstimmungsbroschüre der Bundeskanzlei. Und doch belegen die neuen Videos, die Greenpeace Schweiz heute veröffentlicht, einmal mehr, dass Nutztiere besser geschützt werden müssen. Die Videos zeigen, dass die Lebensbedingungen der meisten Nutztiere in der Schweiz nichts gemeinsam haben mit den idyllischen und manipulativen Bildern aus der Werbung.

Die Videos wurden dieses Jahr tagsüber in der Schweiz gedreht. Sie zeigen das Innere eines Schweine- und zwei Hühnerbetrieben. In letzteren befinden sich Tausende von Masthühnern in einer Halle ohne Wiesenzugang. Diese Situation ist repräsentativ für die konventionelle Tierhaltung (92 % der Masthühner haben keinen Zugang ins Freie). Pro Huhn steht die Fläche eines DIN-A4-Blattes zur Verfügung, einige sind krank, andere können sich aufgrund ihres schnellen Wachstums nicht auf den Beinen halten. Einige Kadaver liegen auf dem Boden: Hühner, die schon sterben, bevor sie den Weg in den Schlachthof antreten (bis zu 4 % Sterblichkeitsrate).

Im Schweinestall sieht es nicht besser aus: Die Schweine sind auf Beton zusammengepfercht, haben kaum Einstreu und nur eine Beisskette, um sich zu beschäftigen. Sie werden von einer Fülle von Fliegen belagert. Einige haben entzündete Augen oder humpeln. Sie verbringen ihr ganzes Leben unter diesen Bedingungen. Auslauf haben sie keinen – wie 50 % der in der Schweiz gezüchteten Schweine.

Ein systemisches Problem
Nach Veröffentlichungen verschiedener NGO in den letzten Wochen bestätigen die Videos, die Greenpeace Schweiz heute veröffentlicht: Es handelt sich um ein systemisches Problem. Denn obwohl die Bilder jedes Mal andere sind, zeigen sie alle, dass Massentierhaltung in der Schweiz existiert.

Respekt für das Wohlergehen der Tiere? Das sieht eher nach einem Leben voller Leid aus, bevor es in den Schlachthof geht. Ist das illegal? Nein, es ist schlicht Massentierhaltung – beziehungsweise die sogenannte konventionelle Tierhaltung. Und das ist das Problem: Die Schweiz mit dem «strengsten Tierschutzgesetz der Welt» heisst diese Haltungsbedingungen gut. «Wir behandeln diese Tiere nicht als Lebewesen, sondern als Industrieprodukt. Das ist erschreckend, insbesondere weil die Schweiz behauptet, dass sie die Tiere schützen will», sagt Alexandra Gavilano, Expertin für nachhaltige Ernährungssysteme bei Greenpeace Schweiz.

Die Verantwortung von Coop und Migros
Die drei Schweizer Zuchtbetriebe, von denen die Videos stammen, beliefern Migros und Coop mit Fleisch. Das berühmte «Schweizer Fleisch» stammt von Schweinen und Hühnern, die zu einem grossen Teil mit importiertem Kraftfutter wie Soja gefüttert werden. Das geschieht auf Kosten der Umwelt und der Menschen. Denn für den grossflächigen Anbau dieser Futtermittel müssen Naturgebiete am anderen Ende der Welt zerstört und die Menschenrechte vieler indigener Gemeinschaften verletzt werden.

Solange die grossen Detailhändler massenhaft Fleisch zu niedrigen Preisen verkaufen, wird es solche Tierhaltungsbetriebe geben. Migros und Coop gehören zu den grössten Akteuren auf dem Schweizer Fleischmarkt und spielen auch bei der Schlachtung eine führende Rolle. Ein Beispiel: Von den 79 Millionen Masthühnern, die 2019 in der Schweiz geschlachtet wurden, tötete die Migros-Tochter Micarna den grössten Teil (ca. 40 %).

Die beiden orangefarbenen Riesen wollen ihr Fleischangebot nicht verringern. Stattdessen planen sie, die Produktion zu steigern. Beide investieren in neue, grössere Schlachthöfe. Bell (eine Coop-Tochterfirma) baut derzeit in Oensingen (SO) einen neuen Schlachthof. Micarna (Migros) plant in St-Aubin (FR) einen Mega-Schlachthof, der bisher besser bekannt ist unter dem irreführenden Namen Swiss Campus for Agri & Food Innovation.

Für ein nachhaltiges Ernährungssystem: JA zur Initiative gegen Massentierhaltung
Die Initiative gegen Massentierhaltung ermöglicht eine Transformation zu einem nachhaltigen Ernährungssystem. Angesichts der globalen Krise ist dies sowieso nötig. «Es geht nicht nur um das Wohlergehen der Tiere, sondern auch um das Wohlergehen unseres Planeten und damit um die Gesundheit von uns allen. Diese Initiative ist visionär, denn mit 25 Jahren Übergangszeit ermöglicht sie der nächsten Generation von Nutztierhalter:innen, sich anzupassen, anstatt, aufgrund der Klimakrise, mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Die Initiative schützt auch die Schweizer Landwirtschaft, indem sie die Importe von Tierprodukten reguliert, die unter in der Schweiz verbotenen Bedingungen produziert werden. Sie bietet die notwendigen Rahmenbedingungen, um einen sozial gerechten und fairen Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungssystem zu ermöglichen», sagt Alexandra Gavilano. (Greenpeace/mc/hfu)


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