Zürich – Kein anderes EU-Mitglied steht bei der Korruptionsbekämpfung so schlecht da wie Euro-Sorgenkind Griechenland. Mit nur 36 von 100 möglichen Punkten landet Griechenland im aktuellen Korruptions-Index von Transparency International auf Rang 94 und damit auf einer Stufe mit Kolumbien, Indien oder dem Senegal. 2011 lag Griechenland noch auf Rang 80. Die Schweiz belegte im Index den 6. Platz (86 Punkte).
Die Antikorruptions-Organisation Transparency International stellte am Mittwoch den Index für 2012 vor. Bewertet wurden dabei weltweit 176 Länder. Zwei Drittel der 176 Staaten, die der Index 2012 umfasst, erreichen nur einen Wert unter 50 auf einer Skala von 0 (als sehr korrupt wahrgenommen) bis 100 (als sehr integer wahrgenommen). Den Spitzenplatz im Ranking teilen sich mit jeweils 90 Punkten Dänemark, Finnland und Neuseeland – wie auch schon im Vorjahr. Schlusslichter sind Afghanistan, Nordkorea und Somalia mit jeweils 8 Punkten. Das krisengeschüttelte Spanien landete mit 65 Punkten auf Rang 30, Portugal mit 63 Punkten auf Rang 33. Auch Italien steht mit nur 42 Punkten auf Rang 72 schlecht da.
Schmiergeld für Arztbesuch oder Trinkwasser
Dass zwei Drittel aller untersuchten Länder weniger als die Hälfte der möglichen Punkte erreichte, deute auf ein ernsthaftes Problem mit Korruption hin, sagte Transparency-Geschäftsführerin Huguette Labelle in einer Videobotschaft. Weltweit sähen sich viele Familien gezwungen, Schmiergeld zu zahlen, um beispielsweise an Trinkwasser zu kommen oder einen Arzt besuchen zu können.
«Regierungen müssen Anti-Korruptionsmassnahmen in den öffentlichen Entscheidungsprozess integrieren. Prioritäten sollten auf verbesserten Regeln für Lobbying und Parteienfinanzierung liegen. Öffentliche Aufträge und Ausgaben müssen transparenter gestaltet werden und öffentliche Einrichtungen zur Verantwortung gezogen werden», so Huguette Labelle weiter. , Vorsitzende von Transparency International.
Diese Forderungen gelten auch für die Schweiz. Transparency International Schweiz fordert, dass Massnahmen auf der Bundesebene wie auch auf Kantons- und Gemeindeebene getroffen werden, um die öffentliche Verwaltung weniger anfällig für Korruption und Vetterliwirtschaft zu machen. Dazu gehören u.a. eine klare Regelung zur Annahme von Geschenken und Einladungen, transparente Abläufe insbesondere bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sowie die Schaffung von unabhängigen Anlaufstellen für Whistleblower.
Transparenz in der Politik
Aber nicht nur die Mitarbeiter der Verwaltung müssen auf die Problematik der Korruption und Vetterliwirtschaft sensibilisiert werden. Auch für die politische Landschaft der Schweiz ist die Schaffung von Transparenz zentral. Die fehlende Transparenz in der Politikfinanzierung schadet dem Ansehen des Landes, dem Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Politik und der demokratischen Legitimität politischer Entscheidungen, die auf einer freien und unbeeinflussten Willensbildung beruht.
«Gefühlte Korruption» – nicht tatsächliche Korruptionsfälle
Transparency erstellt den sogenannten Korruptionswahrnehmungsindex auf Basis von Umfragen und Studien anderer Organisationen. Dazu werden nach Angaben von Transparency etwa Verwaltungs- und Geschäftsklima-Umfragen zusammengetragen, in denen Experten und Geschäftsleute angeben, für wie korrupt sie die Beamten und Politiker in einem Land halten. Die Werte bilden also die gefühlte Korruption in den untersuchten Ländern ab und basieren nicht auf tatsächlichen Korruptionsfällen. Nach Ansicht von Transparency ist die Messung der wahrgenommenen Korruption die verlässlichste Methode. (awp/mc/pg)