Grossverdiener sollen mehr zur ALV-Entschuldung beitragen
Bern – Der Nationalrat hat am Dienstag zugestimmt, dass künftig auch auf den Lohnanteilen, die 315’000 Franken übersteigen, ein ALV-Solidaritätsprozent erhoben wird. Zurzeit wird auf Löhnen bis 126’000 CHF ein Beitrag an die Arbeitslosenversicherung von 2,2% erhoben. Auf Löhnen zwischen 126’000 und 315’000 CHF muss ein Solidaritätsprozent bezahlt werden. Keine ALV-Abzüge gibt es auf Lohnbestandteilen, die darüber liegen.
Der Nationalrat will nun diesen Deckel aufheben. Unter dem Blickwinkel der Solidarität sei eine Grenze bei 315’000 CHF nicht logisch, sagte Dominique de Bumann (CVP/FR) im Namen der vorberatenden Kommission.
Zusätzlich 79 Mio Franken für Schuldenabbau
Das Solidaritätsprozent auf allen Lohnbestandteilen über 315’000 CHF würde der Arbeitslosenversicherung jährlich 79 Mio zusätzlich zuführen. Im Rahmen der 11. ALV-Revision hatte der Nationalrat diese Massnahme noch abgelehnt. Nun hat er die Meinung geändert und eine Motion seiner Wirtschaftskommission mit 106 zu 65 Stimmen gutgeheissen. Eine bürgerliche Minderheit aus den Reihen der SVP und der FDP wehrte sich vergeblich dagegen. Der Vorstoss geht nun in den Ständerat.
Von weitergehenden Forderungen aus den Reihen der Linken wollte der Nationalrat nichts müssen. Mit 113 zu 60 Stimmen lehnte er eine parlamentarische Initiative von alt Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH) ab. Sie hatte gefordert, dass künftig generell auf allen Löhnen der ALV-Normalsatz von 2,2% erhoben werden soll.
Versicherungsprinzip nicht aufgeben
Die Mehrheit des Nationalrats war jedoch der Ansicht, dass so das Versicherungsprinzip ausgehebelt werde. Versichert sind nämlich nur Löhne bis 126’000 CHF. Wer mehr verdient und arbeitslos wird, erhält Arbeitslosen-Taggelder nur auf dem Lohn bis 126’000 CHF. Aus den gleichen Gründen wollte auch der Bundesrat von diesem Systemwechsel nichts wissen. Hingegen befürwortete er das zusätzliche Solidaritätsprozent. Damit werde die Entschuldung schneller vorankommen, sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann.
«Verkraftbare» Zusatzbelastung
Zurzeit habe die ALV noch Schulden von etwa 6 Mrd CHF. Mit dem zusätzlichen Prozent könne die Versicherung innerhalb von etwa fünfzehn Jahren entschuldet werden, sagte er weiter. Die Zusatzbelastung für die hohen Einkommensklassen bezeichnete Schneider-Ammann als verkraftbar. Bei einem Einkommen von 400’000 CHF geht es sowohl für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer um eine zusätzliche Abgabe von 35 CHF pro Monat. Bei einem Einkommen von einer Million betrage die zusätzliche Abgabe etwa 285 CHF.
Möglichkeit für längere Bezugsdauer abgelehnt
Mit 108 zu 59 Stimmen abgelehnt hat der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Jura, die eine Eistellungsprämie und andere Anreize für Unternehmen verlangte, welche Jugendliche einstellen, die länger als sechs Monate arbeitslos sind. Die Initiative ist damit vom Tisch.
Der Kanton Jura verlangte darin auch, dass in Härtefällen die Bezugsdauer für Taggelder verlängert werden kann. Diese Möglichkeit, die Bezugsdauer von 400 auf 520 Tage zu erhöhen, war im Rahmen der 11. ALV-Revision abgeschafft worden. Bereits in der letzten Woche war im Nationalrat ein ähnlicher Vorstoss gescheitert. (awp/mc/pg)