Bern – Guy Parmelin ist im kommenden Jahr Bundespräsident, zum ersten Mal in seiner Karriere. Die Vereinigte Bundesversammlung hat den 61-jährigen SVP-Politiker am Mittwoch mit 188 von 202 gültigen Stimmen in das Amt gewählt.
In seiner Ansprache sagte Parmelin, die Wahl zum Bundespräsidenten freue ihn, ehre ihn und fordere ihn heraus. Es seien turbulente Zeiten. «Für die Bevölkerung war und ist die Pandemie ein Schock.» Er wolle im nächsten Jahr mit Engagement und Entschlossenheit eine wichtige Rolle in der Krisenbewältigung übernehmen – und zwischendurch auch etwas Optimismus verbreiten.
Parmelin will nach eigenen Angaben den Zusammenhalt des Landes ins Zentrum seines Präsidialjahres stellen. Solidarität sei besonders in Krisenzeiten wichtig. «Zusammen schaffen wir das», sagte Parmelin.
Der Umgang mit der Krise sehr unterschiedlich. Einige begegneten der Pandemie «mit Spott und Ungläubigkeit», andere lebten nach dem Prinzip Vorsicht. «Der Weg der Weisheit liegt wie immer irgendwo dazwischen.»
«Ein bisschen Deutschschweizer»
Alle müssten einen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, sagte Parmelin. Der Zusammenhalt sei wichtig – zwischen Alt und Jung, zwischen Stadt und Land, über den Röstigraben hinaus und unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung.
«Ich verkörpere selber das Ganze», sagte Parmelin. Als französischsprachiger Meisterlandwirt aus einem kleinen Waadtländer Dorf sei er nun gewählter Bundespräsident und Wochenaufenthalter in einer grossen Schweizer Stadt. «Ich bin nicht nur noch ein Romand, sondern auch ein bisschen ein Deutschschweizer», so Parmelin.
Er pflege viele Kontakte ausserhalb der Westschweiz, ergänzte der designierte Bundespräsident an einem Point de Presse am Nachmittag. Das medial kolportierte Bild von ihm stimme in diesem Punkt manchmal nicht mit der Realität überein.
«Er bleibt so, wie er ist»
Parmelin betonte weiter, dass er im nächsten Jahr zwar eine neue Rolle haben werde, deshalb aber nicht anders auftreten wolle als bisher. «Parmelin wird seinen Charakter nicht verändern, er bleibt so, wie er ist», sagte er in der dritten Person über sich selbst.
Er werde versuchen, die Nähe zur Bevölkerung zu suchen – soweit sich dies mit den Corona-Einschränkungen vereinbaren lasse. «Ich möchte die Probleme der Bevölkerung erkennen und alles machen, um die Situation zu verbessern.»
Trotz Corona plant Parmelin, sein Präsidialjahr mit dem traditionellen Antrittsbesuch in Wien zu starten, wie er sagte. Die Schweiz pflege «exzellente Beziehungen» zu Österreich. Für den weiteren Verlauf des Jahres seien weitere Kontakte mit ausländischen Regierungsvertretern geplant – «immer im Interesse des Landes, der Wirtschaft und der Wissenschaft». Wegen der Pandemie sei aber vieles noch unklar, auch über einen allfälligen Besuch am WEF in Singapur sei noch nichts entschieden.
Bundesratssitzungen leiten
Parmelin ist der 15. Waadtländer, der den Bund präsidiert. Zuletzt hatte mit FDP-Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz in den Jahren 1989 und 1996 ein Bundesrat aus der Waadt das Amt inne.
Parmelin wird ein Jahr lang als «primus inter pares» (Erster unter Gleichen) die Bundesratssitzungen leiten und Repräsentationspflichten wahrnehmen. In den Bundesrat gewählt worden war er im Dezember 2015. Er trat die Nachfolge von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf an und sorgte dafür, dass die SVP seither wieder zwei Bundesräte in der Landesregierung stellt.
Bis Ende 2018 stand Parmelin dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) vor. Seit Anfang 2019 ist er Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF).
Cassis wird Vizepräsident
Zum Vizepräsidenten wählte die Vereinigte Bundesversammlung den 59-jährigen Tessiner FDP-Bundesrat Ignazio Cassis. Er erhielt 162 von 191 gültigen Stimmen. Cassis wird damit voraussichtlich in einem Jahr zum Bundespräsidenten des Jahres 2022 gewählt.
Cassis› Wahl in den Bundesrat war am 20. September 2017 erfolgt. Er trat die Nachfolge seines Neuenburger Parteikollegen Didier Burkhalter an. Seit dem 1. November 2017 ist Cassis Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). (awp/mc/pg)