Bern – 463’000 Lastwagen haben in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres die Alpen durchquert. Gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode ist das ein Minus von knapp drei Prozent. Grund für den Rückgang ist laut dem Bund die schwierige wirtschaftliche Lage in Europa.
Im ersten Halbjahr 2023 sind insgesamt 19,1 Millionen Tonnen Güter auf der Strasse und auf der Schiene durch die Schweizer Alpen transportiert worden – etwa eine Million Tonnen weniger als im ersten Semester 2022, wie der Mitteilung des Bundesamts für Verkehr (BAV) vom Donnerstag zu entnehmen war. Auf der Strasse nahm das Transportvolumen demnach um 100’000 Tonnen oder 2,7 Prozent ab.
Deutlicher rückläufig war der Gütertransport auf der Schiene: Mit der Eisenbahn wurden total 13,9 Millionen Tonnen über die Alpen transportiert; das entspricht einem Rückgang um 6 Prozent.
Gemäss dem neusten Verlagerungsbericht wurden knapp drei Viertel der Güter im ersten Semester 2023 auf der Schiene transportiert. Der Bahnanteil lag damit 0,9 Prozentpunkte tiefer als im ersten Halbjahr 2022. Dennoch hat die Bahn massiv mehr Marktanteile als in benachbarten Ländern mit ähnlicher Topografie.
Weniger Autos transportiert
Zurückzuführen ist der Rückgang der Gütertransporte laut dem Bund in erster Linie auf die Wirtschaftsentwicklung in Europa. Wegen der tieferen Produktion namentlich in der Stahl-, Chemie- und Automobilindustrie sei die Nachfrage nach Transportleistungen im alpenquerenden Güterverkehr gesunken.
Dass der Rückgang auf der Strasse weniger deutlich ausfiel, dürfte laut dem BAV damit zusammenhängen, dass hier der Binnengüterverkehr stabilisierend wirkte, während die Entwicklung in Europa auf den Schienentransport direkt durchschlug. Zudem dürfte die weiterhin ungenügende Zuverlässigkeit der Bahn im Transitverkehr negative Auswirkungen gehabt haben. Nur rund die Hälfte aller Güterzüge erreichten ihr Ziel pünktlich.
Viele Baustellen im nächsten Jahr
Auch nächstes Jahr stehen dem Nord-Süd-Schienenverkehr herausfordernde Zeiten bevor: Namentlich werden zahlreiche Baustellen auf dem Nord-Süd-Korridor 2024 zu grossen Einschränkungen führen. Teilweise gibt es Vollsperrungen, teilweise ist nur ein Einspurbetrieb möglich, wie der Bund schrieb.
Die vorübergehenden Kapazitätsengpässe und Betriebseinschränkungen führten zu einem Wettbewerbsnachteil der Schiene. Das BAV prüft nach eigenen Angaben mögliche Massnahmen, um diese Einschränkungen abzufedern. Auf längere Frist werde die modernere und erweiterte Infrastruktur für den Schienengüterverkehr zu besseren Bedingungen führen.
Verlagerungsziel nicht erreicht
Dank verschiedener Instrumente konnte die Zahl schwerer Güterfahrzeuge durch die Schweizer Alpen in den vergangenen Jahren auf unter eine Million gesenkt werden. Ohne die Massnahmen würden heute wegen des stetig wachsenden Güterverkehrs jährlich rund 800’000 zusätzliche Lastwagen und Sattelschlepper die Alpen durchqueren, schrieb das BAV.
Das in der Bundesverfassung verankerte Verlagerungsziel ist trotz des Rückgangs des Güterverkehrs aber weit entfernt. Demnach müsste die Zahl der Lastwagen auf 650’000 Fahrten pro Jahr gesenkt werden. (awp/mc/ps)