Im Kampf gegen Autobahnstaus macht Nationalrat Milliarden locker
Bern – Im Kampf gegen die vielen Staus auf Schweizer Autobahnen ist der Nationalrat bereit, viel Geld auszugeben. Er hat am Dienstag beschlossen, für Ausbauprojekte nicht wie vom Bundesrat beantragt 4,4 Milliarden bereitzustellen, sondern 5,3.
Stimmt auch der Ständerat der Vorlage zu, kann die A1 zwischen Wankdorf und Schönbühl im Kanton Bern auf acht und dieselbe Strasse zwischen Schönbühl und Kirchberg BE auf sechs Spuren ausgebaut werden. Der Rosenbergtunnel der A1 bei St. Gallen erhält bei einem Ja des Ständerats eine dritte Röhre.
Der Fäsenstaubtunnel in Schaffhausen bekommt eine zweite Röhre und die Autobahn zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD wird auf sechs Spuren ausgebaut. Mit einem neuen Rheintunnel zwischen Bisfelden BL und Kleinhüningen BS soll die A2-Osttangente zwischen den Verzweigungen Wiese und Hagnau nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet werden.
Beim Ausbau der A1 am Genfersee handelt es sich um ein Projekt, das der Nationalrat zusätzlich in den Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen packte. Die Landesregierung wollte dieses Vorhaben erst später angehen. Doch fand eine Mehrheit des Nationalrats dieses Projekt ebenso dringend wie die anderen fünf.
Der Bundesbeschluss enthält auch vom Bundesrat beantragte 400 Millionen Franken für die Planung weiterer Erweiterungen und für einen Trassenabtausch des Bahnprojekts Brüttenertunnel zwischen Bahn und Strasse zugunsten der Glattalautobahn im Kanton Zürich.
Für Links-Grün nicht zeitgemäss
Der Nationalrat genehmigte am Dienstag insgesamt vier Bundesbeschlüsse zu Nationalstrassen. Dazu gehört auch ein Zahlungsrahmen für den Betrieb, den Unterhalt und Anpassungen dieser Strassen in den Jahren 2024 bis 2027. 8,8 Milliarden gab die grosse Kammer unter diesem Titel frei. Auch dazu muss sich noch der Ständerat äussern.
All das Geld wird dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds NAF entnommen, der Jahr für Jahr Einlagen von zwischen 2,6 und 3,2 Milliarden Franken verzeichnet. Laut Berechnungen des Bundes sollte er bis mindestens 2027 Reserven aufweisen.
Vertreterinnen und Vertreter von Links-Grün sagten in der Debatte wiederholt, der Ausbau von Autobahnen sei heute nicht mehr zeitgemäss. Heute gelte es, Klimaschutz zu betreiben und Verkehr zu verlagern und zu vermeiden. Staus würden mit Strassenausbauten nur an andere Stellen verlagert, aber nicht verhindert. Auch die Grünliberalen stimmten meist mit SP und Grünen.
Eine Allianz von SVP, FDP und der Mitte hielten dem entgegen, die Fahrleistung habe sich in den letzten dreissig Jahren auf Nationalstrassen ungleich stärker erhöht als auf anderen Strassen, nämlich um 137 Prozent seit 1990. Wegen des Bevölkerungswachstums habe die Schweiz auch ein Verkehrswachstum. Es gelte, sowohl Strasse als auch Schiene auszubauen.
Das sagte auch Verkehrsminister Albert Rösti. Es brauche in der Schweiz beide Verkehrsträger. Er verspreche, sich ebenso stark wie für die punktuellen Ausbauten der Nationalstrassen für einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs einzusetzen.
Als sie im Februar seine fünf Ausbauprojekte vorstellte, sagte die Landesregierung, ein optimiertes Verkehrsmanagement reiche nicht, um auf den Nationalstrassen die Kapazitäten zu erhöhen. Handle der Bund nicht, drohe ein Verkehrskollaps. Gemäss Prognosen würde es bei ausbleibenden Massnahmen langfristig auf fast 170 Kilometern des Nationalstrassennetzes jeden Tag stundenlange Staus oder stockenden Verkehr geben.
Referendum bereits angedroht
Als der Bundesrat im Februar die Ausbauprojekte präsentierte, drohten mehrere Verbände mit einem Referendum gegen den Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen. Nur gegen diesen einen Beschluss ist ein fakultatives Referendum möglich.
Eine Sprecherin der Grünen sagte am Dienstag im Rat, ihre Partei werde ein allfälliges Referendum unterstützen. (awp/mc/pg)