Neuenburg – Die Teuerung in der Schweiz ist im April entgegen den Prognosen deutlich gestiegen. Trotzdem erwarten viele Ökonomen weitere Zinssenkungen der Nationalbank im Laufe des Jahres.
Konkret stieg die Inflation im April auf 1,4 von 1,0 Prozent im März, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag mitteilte. Das heisst: Schweizer Konsumgüter waren durchschnittlich um 1,4 Prozent teurer als im entsprechenden Vorjahresmonat.
Während Inlandgüter 2,0 Prozent mehr kosteten, waren im Importgüter im Durchschnitt 0,4 Prozent billiger als im April 2023. Die Kerninflation, bei der die volatilen Preise etwa für Nahrungsmittel oder Energie herausgerechnet werden, stieg ebenfalls an, und zwar auf 1,2 von 1,0 Prozent im Vormonat.
Der deutliche Anstieg der Gesamtinflation kommt ziemlich überraschend. Ökonomen hatten für die Jahresinflation im April im Durchschnitt lediglich 1,1 Prozent geschätzt. Allerdings hatte sich die Teuerung in den letzten drei Monaten insgesamt deutlich verringert, was wiederum so nicht erwartet worden war.
Im letzten Dezember lag die Jahresinflation nämlich noch bei 1,7 Prozent und sank danach bis im März auf 1,0 Prozent. In der Spitze hatte die Inflation in der Schweiz im Sommer 2022 einen Wert von 3,5 Prozent erreicht, im Juni 2023 sank sie dann erstmals seit Januar 2022 wieder unter die 2-Prozent-Marke.
Olivenöl viel teurer
Der sogenannte Landesindex der Konsumentenpreise (CPI), aufgrund dessen die Jahresinflation berechnet wird, stieg im Berichtsmonat April um 0,3 Prozent auf 107,4 Punkte. Dieser Anstieg ist laut BFS auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf die höheren Preise für Pauschalreisen ins Ausland (+6,7%), für den Luftverkehr im allgemeinen (+3,4%) oder für Benzin (+3,1%).
Allerdings sind die Preise für alle diese Güter im Vorjahresvergleich kaum teurer geworden, die Preise im Luftverkehr waren im April gar 1,8 Prozent tiefer als im April 2023. Massiv teurer als vor einem Jahr ist dafür etwa Olivenöl, das heute rund ein Drittel mehr kostet. Deutlich günstiger als vor einem Jahr sind dafür u.a. Personalcomputer (-10,3%), Fruchtgemüse (-22,4%) oder auch Gas (-10,7%).
Weitere Zinssenkungen zu erwarten
Obwohl die Jahresinflation stärker angestiegen ist als erwartet, zeigen sich die Ökonomen nicht allzu beunruhigt. Die Daten unterbrächen zwar die in den vergangenen Monaten beobachtete Abschwächung der Inflation, entsprächen aber weiterhin den bedingten Prognosen der SNB für das zweite Quartal, heisst es etwa in einem Kommentar der EFG Bank.
Die Experten der liechtensteinischen VP Bank betonen zwar, dass auch in der Schweiz die Inflationsgefahren noch nicht vollständig gebannt seien. Der Anstieg mache nochmals deutlich, dass es im aktuellen Umfeld immer wieder zu Störfeuern kommen könne. Allerdings sei die Schweizerische Nationalbank (SNB) aber grundsätzlich in einer komfortablen Situation.
Die hiesige Inflationsrate liegt trotz des Anstiegs in der Tat nämlich noch immer auf tiefem oder zumindest moderatem Niveau. In der Eurozone etwa stand sie im April bei 2,4 Prozent, in den USA bei 3,5 Prozent (März-Wert).
Die SNB dürfte gemäss Prognosen denn auch mittelfristig die Zinsen weiter senken. Vermutlich werde es im Juni nochmals um 25 Basispunkte nach unten gehen, glaubt die VP Bank. Weitere Zinssenkungen im zweiten Halbjahr seien dann aber datenabhängig. Bei Capital Economics erwartet man am nächsten SNB-Meeting im Juni zwar keine weitere Senkung, dann aber weitere 50 Basispunkte in der zweiten Jahreshälfte.
Mit den wieder nachlassenden Energiepreise und der aufgrund der schwachen Inlandnachfrage erwarteten weiteren Normalisierung der Dienstleistungspreise seien die Voraussetzungen für eine weitere Senkung des Leitzinses dieses Jahr jedenfalls gegeben, heisst es bei EFG, vielleicht sogar schon bei der nächsten Sitzung. (awp/mc/ps)