Initianten für mehr Konzernverantwortung im Abstimmungsschlussspurt

Initianten für mehr Konzernverantwortung im Abstimmungsschlussspurt
(Bild: Onidji)

Bern – Die Initianten für mehr Konzernverantwortung haben am Montag die heisse Phase des Abstimmungskampfs eingeläutet. Das breit abgestützte Komitee bezeichnet das Volksbegehren als pragmatisch, wirkungsvoll und «eine Selbstverständlichkeit im Dienste der Menschen».

Die Initiative «Für verantwortungsvolle Konzerne – zum Schutz von Mensch und Umwelt (Konzernverantwortungsinitiative)» will Schweizer Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechts- und Umweltstandards auch im Ausland einzuhalten. Konkret müssten die Firmen eine Risikoabschätzung und eine umfassende Berichterstattung vorlegen sowie Massnahmen zur Vermeidung und Beendigung allfälliger Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden treffen.

Der umstrittenste Punkt der Initiative ist, dass Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen im Ausland haften sollen – auch für jene ihrer Tochterfirmen und wirtschaftlich abhängigen Zulieferer. Heute haften Unternehmen in der Schweiz nur für Schäden im Ausland, die sie selber verursachen.

Fokus auf Konzernen
Knapp vier Wochen vor dem Urnengang am 29. November hat das Initiativkomitee seine Argumente dargelegt. Das Anliegen sei eine «Selbstverständlichkeit», sagte alt Ständerat Dick Marty (FDP/TI), Co-Präsident des Initiativkomitees, vor den Bundeshausmedien. Es sei ein zentraler Grundsatz der Schweizer Gesellschaft und des Schweizer Rechtsstaats, dass alle Verantwortung für ihr Handeln übernehmen müssten. Und dass, wer einen Schaden anrichte, auch dafür geradestehen müsse.

Laut SP-Ständerat Daniel Jositsch (ZH) verfolgt die Initiative einen pragmatischen Weg. Wer nein sage, lasse zu, dass es einige Unternehmen gebe, die Rechtslücken im Ausland ausnützen können. Der vom Parlament verabschiedete Gegenvorschlag reiche nicht. «Er macht ein Haufen Verwaltungsaufwand ohne grossen Nutzen.»

Alt Nationalrat Dominique de Buman (CVP/FR) machte auf Bestrebungen in der EU aufmerksam, die derzeit ebenfalls schärfere Konzernverantwortungspflichten erarbeite. «Sagen wir ja zur Konzernverantwortungsinitiative, haben wir etwa gleichzeitig wie die EU ein Gesetz.»

Klagen vor Ort oft folgenlos
Die Befürworter verweisen beispielsweise auf Missstände in der peruanischen Stadt Cerro de Pasco, für die der Zuger Rohstoffriese Glencore mitverantwortlich sein soll. Die von Glencore kontrollierte Gesellschaft Volcan verursache mit einer Mine «massive Gesundheitsschäden» und «extreme Umweltverschmutzung».

Das Beispiel stehe stellvertretend für die wiederkehrenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltprobleme, welche einige Konzerne mit Sitz in der Schweiz verursachten. «Mit der Konzernverantwortungsinitiative wäre Glencore verpflichtet, Massnahmen gegen die Verschmutzung zu ergreifen», schreiben die Initianten.

Und die geschädigten Menschen aus Cerro de Pasco könnten in der Schweiz Wiedergutmachung erlangen. Das sei wichtig, denn: In Ländern mit schwachen Staatsstrukturen würden Menschen, die sich vor Ort wehrten, oft bedroht. Zudem sei die Justiz korrupt.

Initianten in der Poleposition
Neben 130 Organisationen der Zivilgesellschaft, 300 Unternehmerinnen und Unternehmern, den Kirchen und tausenden von Freiwilligen in über 400 Lokalkomitees steht ein auch ein bürgerliches Komitee mit über 450 Politikerinnen und Politikern hinter der Konzernverantwortungsinitiative. Die Ja-Parole gefasst haben überdies die SP, die Grünen, die GLP, die BDP und die EVP.

Zwei Umfragen sehen momentan die Befürworter im Aufwind. 63 Prozent der Befragten hätten die Konzernverantwortungsinitiative Mitte Oktober bestimmt oder eher angenommen. 33 Prozent hätten sicher oder eher ein Nein in die Urne gelegt, wie die erste SRG-Trendumfrage ergab. Bei Tamedia lautete das entsprechende Verhältnis 57 zu 41 Prozent. (awp/mc/ps)

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