Bern – Die Initiative für eine öffentliche Krankenkasse ist nach Angaben der Initianten mit 115’468 beglaubigten Unterschriften zustande gekommen. Der Trägerverein wird das Volksbegehren morgen Mittwoch bei der Bundeskanzlei einreichen, wie er am Dienstag mitteilte. Ziel der Volksinitiative ist eine einzige Krankenkasse für die Grundversicherung. Hinter dem Begehren steht ein Trägerverein, dem über 20 Organisationen, Verbände und Parteien angehören. Darunter sind die SP, die Grünen sowie Patienten- und Konsumentenorganisationen.
Die Initianten hatten die Unterschriften in weniger als elf Monaten gesammelt. Die Sammelfrist läuft eigentlich noch bis am 31. Juli 2012. «Die Unterschriftensammlung belegt eindrücklich, wie sehr die Bevölkerung unter der steigenden Prämienlast und der Willkür einzelner Krankenversicherungen leidet», sagte Erika Ziltener, Präsidentin des Trägervereins, gemäss der Mitteilung.
Kantonale Agenturen
Die Einheitskrankenkasse soll in jedem Kanton mit einer Agentur vertreten sein. Diese kantonalen Zweigstellen müssten die Prämien festlegen und das Geld eintreiben, heisst es auf der Webseite des Trägervereins. Das Modell entspreche jenem der Unfallversicherung Suva. Mit diesem System wollen die Initianten «die Kosten dauerhaft in den Griff bekommen» und gleichzeitig die Versorgungssicherheit verbessern. Insbesondere entfalle der «teure Scheinwettbewerb unter den Krankenkassen und die alljährlichen, aufwändigen Kassenwechsel in der Grundversicherung», wirbt der Trägerverein für sein Anliegen.
Bei einer Annahme der Initiative müssten sich die heute existierenden privaten Krankenkassen aus dem Geschäft der obligatorischen Grundversicherung zurückziehen und sich auf den Bereich der Zusatzversicherungen konzentrieren.
Erste Weichen im Juni
Die Volksabstimmung über die Managed-Care-Vorlage am 17. Juni dürfte bereits erste Weichen für das Volksbegehren für eine Einheitskasse stellen: Es sei möglich, dass ein Volks-Nein zu Managed Care der Einführung einer Einheitskasse Schub verleihe, sagte Nationalrat Jean-François Steiert (SP/FR) am Montag im Rahmen einer Medienkonferenz von Managed-Care-Befürwortern.
Der Gesundheitspolitiker rechnet damit, dass eine Einheitskrankenkasse frühestens im Zeitraum 2018 bis 2020 eingeführt werden könnte. Steiert vertritt zu Managed-Care eine andere Position als seine Partei, die diese Vorlage ablehnt.
Chancen für Initiative stehen nicht schlecht
Gemäss einer Umfrage des Krankenkassen-Dachverbandes santésuisse vom vergangenen Herbst stehen die Chancen für eine Einheitskrankenkasse zurzeit nicht schlecht: Rund zwei Drittel der rund 1’200 Befragten können sich demnach für die Idee erwärmen.
Deutliches Nein vor 5 Jahren
Das Schweizer Stimmvolk hatte bereits einmal über einen Systemwechsel bei der Krankenversicherung zu befinden: Im März 2007 lehnten über 70% die Volksinitiative «für eine soziale Einheitskrankenkasse» eines Westschweizer Komitees ab. Allerdings – und darin besteht der Unterschied zur neuen Vorlage – verlangte die alte Initiative nicht nur eine Einheitskasse, sondern auch einkommensabhängige Prämien. (awp/mc/pg)