Internationale Mindeststeuer könnte zu Steuerharmonisierung in der Schweiz führen

(Bild: Coloures-Pic/AdobeStock)

Bern – Grosse Konzerne wie Apple oder Google sollen stärker zur Kasse gebeten werden und weltweit mindestens 15 Prozent Steuern bezahlen müssen. Damit wollen die sieben führenden Industrienationen das Steuerdumping bekämpfen. In der Schweiz könnte dies gemäss Experten zu einer Steuerharmonisierung führen.

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich die Finanzminister der G7-Staaten am Samstag in London auf eine globale Steuerreform geeinigt. Neben der Mindeststeuer soll auch dafür gesorgt werden, dass Grosskonzerne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen, wie aus einer gemeinsamen Erklärung der G7 hervorgeht.

Bisher werden Unternehmensteuern nur am Firmensitz fällig, aber nicht in den Ländern, wo die Konzerne aktiv sind, was bei den Digitalunternehmen oft in fast der ganzen Welt der Fall ist. Das führte dazu, dass viele Unternehmen ihren Firmensitz in Länder mit niedrigeren Unternehmensteuern verlagerten.

Der Durchbruch, den der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als «Steuerrevolution» bezeichnete, ist eine wichtige Grundlage für eine weitere Einigung der G20-Staaten.

Unternehmenssteuer sind Haupttrumpf
Kommt die Reform durch, dürfte dies aus Sicht von Ökonomen in der Schweiz zu einer Steuerharmonisierung führen. Derzeit sind die Unternehmenssteuersätze in den Kantonen sehr unterschiedlich angesetzt – zahlreiche Kantone haben einen Steuersatz unter 15 Prozent. Die Unternehmenssteuer ist der Haupttrumpf im inländischen Steuerwettbewerb.

Durch die neue Regelung würde der kantonale Steuerwettbewerb kleiner, sagte ETH-Wirtschaftsprofessor Jan-Egbert Sturm im Interview mit der «SonntagsZeitung». Ökonomieprofessor Christoph Schaltegger der Universitäten Luzern und St. Gallen sieht «eine gewisse Gefährdung» für jene Kantone, die sich wettbewerbsfähig positioniert haben, allen voran die Zentralschweizer Kantone. «Für diese würde sich Handlungsbedarf ergeben – sie müssten die Steuern erhöhen», sagte er in der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens.

Verlagerung «gefährlicher»
Sturm erklärte, dass mobile Branchen eventuell abwandern könnten, dazu gehöre etwa die Rohstoffbranche, die ihre Handelstätigkeiten faktisch von überall ausüben könne. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass es schlimme Konsequenzen haben werde, sagte Sturm. Für einen Unternehmer sei die Steuerlast nur ein Kriterium von vielen, die über Investitionen und einen Standort entscheiden würden.

Für gefährlicher hielt Schaltegger die Verlagerung der Steuerbefugnisse in die Marktländer. «Für ein Land mit einem kleinen Binnenmarkt und verhältnismässig wenig Konsumenten ist eine Verlagerung der Steuerbefugnisse von der Quelle zu den Konsumenten eine Gefährdung.»

Dass die Grosskonzerne auf längere Sicht unter dem Strich viel mehr Gewinnsteuern als heute abliefern werden, glaubt Schaltegger nicht. Der politische Druck werde dahin gehen, dass viele Firmen versuchen würden, von neuen Abschreibungsregeln oder neuen Sondertatbeständen zu profitieren. «Das ist wahrscheinlich am Ende einfach ein anderes Steuersystem, das wir haben werden, höhere gesetzliche Steuersätze, aber eine etwas löchrigere Basis als heute.»

Gesamtpaket im Zentrum
Beim eidgenössischen Finanzdepartement hiess es auf Anfrage, dass die Schweiz «diese erwartete Absichtserklärung der G7 zur Kenntnis genommen» habe. Für die Schweiz stehe das Gesamtpaket der wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen für den eigenen Standort im Zentrum. So oder so werde die Schweiz die nötigen Massnahmen ergreifen, um weiterhin ein hoch attraktiver Wirtschaftsstandort zu sein.

Aus Sicht des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) wäre eine globale Mindeststeuer aber innovations- und wachstumshemmend. Es geht davon aus, dass eine solche der Schweiz Verluste bei der Gewinnsteuer bringen wird. Zudem wolle die Schweiz die Besteuerung grundsätzlich am Ort der Wertschöpfung behalten.

Finanzminister Ueli Maurer hatte sich im April nach der virtuellen Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) offen gezeigt für Diskussionen. Die Schweiz, aber auch die Niederlande, Grossbritannien und Luxemburg sind von verschiedenen Seiten wiederholt für ihre im weltweiten Vergleich tiefen Unternehmenssteuersätze angeprangert worden. (awp/mc/pg)

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