Sant’Antonino – Interroll hat eine Gewinnwarnung für das erste Halbjahr und das Gesamtjahr publiziert. Grund sind die sich abkühlende Konjunktur und Projektverschiebungen bei Kunden.
Interroll hat seine Erwartungen in Bezug auf Umsatz und Betriebsergebnis im ersten Halbjahr 2023 und für das Gesamtjahr im Vergleich zum Vorjahr gesenkt, wie es in einer Mitteilung vom Freitag heisst. Mitte Mai hatte sich das Unternehmen bei der Präsentation der Jahreszahlen noch optimistisch für das laufende Jahr gezeigt, jedoch hatte es auch schon damals auf grosse Unsicherheiten verwiesen.
So habe das Jahr mit einem geringeren Auftragsbestand begonnen. Hinzu kam, dass der Lagerbestand bei den Kunden im Projektgeschäft im Vergleich zum Vorjahr wesentlich höher gewesen war. Eigentlich ging Interroll davon aus, dass der Lagerabbau im ersten Quartal 2023 hätte abgeschlossen sein müssen. Jedoch hätten die Kunden ihre Lager nicht so schnell geleert wie erhofft, weil es Verschiebungen bei Endkundenprojekten gab.
Zweistelliger Umsatzrückgang in H1 erwartet
«Im ersten Halbjahr wird der Umsatz zweistellig im Vergleich zum Vorjahr zurückgehen», sagte Finanzchef Heinz Hössli auf Anfrage von AWP. Allein der Währungseinfluss durch den starken Franken mache dabei einen Anteil von vier bis fünf Prozent aus. Demzufolge werde auch das Reinergebnis in den ersten sechs Monaten tiefer ausfallen.
Der bereits aufgelaufene Rückstand aus dem ersten Halbjahr werde im Gesamtjahr nicht mehr aufzuholen sein. Eine konkretere Projektion für das Gesamtjahr sei aber noch nicht möglich, so Hössli weiter. Er verwies zudem darauf, dass das zweite Halbjahr 2022 sehr gut war.
Konjunkturabkühlung vor allem in Region Europa, Naher Osten und Afrika
Zudem habe sich die generelle Konjunkturabkühlung, speziell in der EMEA-Region, negativ ausgewirkt. Währenddessen sei die Erholung im Raum Asien-Pazifik nur langsam und verzögert eingetreten. Einzig die Region Amerikas habe sich weiterhin positiv entwickelt.
Mittelfristig seien die Wachstumstreiber jedoch intakt, schreibt Interroll weiter. So geht das Unternehmen etwa von einer erhöhten weltweiten Nachfrage nach Materialflusslösungen aus. Zudem sei man mit den Kapazitäten für weiteres Wachstum gut gerüstet.
Aktie gibt deutlich nach
Die Gewinnwarnung schickte den Aktienkurs auf Talfahrt. Die Papiere gaben am Freitag bis Börsenschluss um 12,1 Prozent nach.
Bei den Analysten kam die Gewinnwarnung nicht gut an. ZKB-Analyst Walter Bamert sah sich sogar dazu veranlasst, seine Einstufung auf «Marktgewichten» von «Übergewichten zu senken. Er hält jedoch an seinem Kursziel fest. 2023 werde für das Unternehmen ein weiteres Übergangsjahr sein, schreibt er. Neben den steigenden Lohnkosten sei zudem ein sich intensivierender Preiswettbewerb in einer konsolidierenden Branche zu befürchten.
Durch die Gewinnwarnung werde es auch zu Konsens-Anpassungen bei den Analysten kommen. Mirabaud geht von einer Herabsetzung der EBIT-Schätzung um 3 bis 8 Prozent aus. Vontobel erwartet sogar eine Revision nach unten um 5 bis 10 Prozent.
Für die Analysten von Stifel kam die Aussicht auf weniger Umsatz und Gewinn hingegen wenig überraschend. Sie hatten schon einen Rückgang eingepreist, da der Auftragseingang zum Jahresbeginn bereits deutlich zurückgegangen war.
Mittelfristig seien die Papiere von Interroll wegen des Technologievorsprungs aber vielversprechend. «Interroll werden den Weg aus der Delle finden», heisst es bei Stifel weiter. Dieser Einschätzung schlossen sich auch anderen Analysten an. Vontobel verweist in diesem Zusammenhang etwa auf die starke Pipeline des Unternehmens. (awp/mc/pg)