Bundespräsident Johann Schneider-Ammann. (© World Economic Forum / swiss-image.ch)
Teheran – Die letzte Station des Staatsbesuches von Bundespräsident Johann Schneider-Ammann hatte Symbolkraft. An der Universität Teheran hielt der Wirtschaftsminister am Sonntagmorgen in der überfüllten Aula einen Vortrag vor Wirtschaftsstudenten über das Schweizer Erfolgsmodell.
Die Zuhörerschaft bestehend aus jungen Studentinnen und Studenten zollte Schneider-Ammann viel Beifall, auch wenn dieser dem iranischen Wirtschaftssystem mit dem Hervorheben von Erfolgsfaktoren der Schweiz einige Seitenhiebe verpasst hatte. Schneider-Ammann strich dabei namentlich einen zurückhaltenden Staat, welcher der Privatwirtschaft viel Raum zum Atmen lasse, oder eine rigide Kontrolle von Korruption hervor.
Doch mit genau diesen Zuständen sind auch viele Jugendliche in dem rund 80 Millionen Einwohner zählenden Iran unzufrieden. Daher applaudierten, ja fast bejubelten die Studenten den Schweizer Bundespräsidenten. Der Besuch der Universität Teheran hatte aber nicht nur wegen dieser Rede Symbolcharakter.
Sechs Kooperationsabkommen
Im Anschluss an seinen Vortrag wurden im Beisein einiger iranischer Minister sechs Kooperationsabkommen zwischen Hochschulen und Universitäten der Schweiz und Iran unterzeichnet. Dies freute die Studierenden nämlich umso mehr, weil damit die ersehnte Hinwendung zu westlichen Bildungseinrichtungen in greifbare Nähe rückt.
Schneider-Amman wertete vor Ort seinen Besuch in der Islamischen Republik gegenüber der Nachrichtenagentur sda als einen erfolgreichen, substanziellen Besuch. Er war dabei mit den vier wichtigsten Persönlichkeiten des Irans zusammengetroffen. So hatten sich neben Präsident Hassan Ruhani, auch den Parlamentspräsidenten Ali Larijni, den obersten Religionsführer Ali Chamenei sowie den ehemaligen Präsidenten, Akbar Hashemi Rafsanjani, viel Zeit für den Gast aus der Schweiz genommen.
13-Punkte-Plan
Mit einem beschlossenen 13-Punkte-Plan erhielten zudem die bilateralen Beziehungen eine neue Qualität und Breite, betonte Schneider-Ammann. Diesen Fahrplan hatte er am Vortag nach einem Treffen mit dem iranischen Präsidenten vorgestellt. Demnach sollen die Gespräche auf allen Ebenen der Politik vertieft werden. Dazu gehört dem Papier zufolge auch ein Dialog über Menschenrechtsfragen. Zudem soll ein unterzeichneter Handelsvertrag aus dem Jahr 2005, der nie in Kraft getreten ist, nunmehr ratifiziert werden. Die staatlichen Exportrisikoversicherungen der beiden Länder sollen obendrein Deckungen für gegenseitige Geschäfte gewähren und die Wiederaufnahme direkter Bankverbindungen unterstützen.
Gegenbesuch geplant
Ausserdem wird die Schweizer Exportrisikoversicherung prüfen, ob sie iranische Banken versichern kann. Die Schweiz will sich ausserdem dafür einsetzen, dass der Iran der Welthandelsorganisation WTO beitreten kann. Der Beitritt ist an Bedingungen geknüpft und hängt von den Mitgliedstaaten ab. Schneider-Ammann hat ausserdem den iranischen Präsident Ruhani in die Schweiz eingeladen und dieser hat die Einladung angenommen.
Gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister war eine 40-köpfige Delegation aus Wirtschaft und Wissenschaft in den Iran gereist. Die Mitglieder, deren Namensliste der Öffentlichkeit auch auf mehrfache Nachfrage hin nicht bekanntgegeben wurde, haben in einigen Ministerien und während zahlreicher Zusammenkünfte, etwa wie bei der iranischen Handelskammer, Kontakte geknüpft.
Mit dem weitestgehenden Wegfall der Sanktionen des Westens gegenüber dem Iran sind weltweit Hoffnungen aufgekeimt, bald wieder mit der Islamischen Republik ins Geschäft zu kommen. Das Potenzial ist riesig.
Für Schweizer Unternehmen ergeben sich laut dem Präsidenten der Handelskammer, Mohsen Jalalpour, etwa Chancen im Bereich der Trink- und Abwasseraufbereitung. Auch an Schweizer Produkten der Medizinaltechnik und des Pharmasektors wären die Iraner interessiert, wie ein Besuch im Kinderkrebsspital Mahak eindrücklich illustrierte.
Kein Spaziergang
Natürlich müssten sowohl für die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit den Worten nun Taten folgen, mahnte Schneider-Ammann an einer Pressekonferenz in Teheran. Einfach dürfte die Eroberung des iranischen Marktes für Schweizer Unternehmen nicht werden. Erstens möchten die Iraner nicht zum reinen Absatzmarkt verkommen. Viel lieber sähen sie es, wenn Ausländer in der Islamischen Republik auch produzierten und damit Arbeitsplätze für die stark wachsende Bevölkerung Irans schaffen würden.
Zweitens ist die internationale Konkurrenz gross. Allein in den vergangenen Monaten sind laut Angaben des Schweizer Botschafters, Giulio Haas, rund 140 ausländische Delegationen für Sondierungsgespräche in den Iran gereist.
Und drittens sind die Iraner ein gewieftes Handelsvolk, dass in den Augen von Experten häufig unterschätzt wird. Daher sollten Schweizer Unternehmer bei Iran-Geschäften – sofern infolge der noch bestehenden US-Sanktionen überhaupt eine Lösung für die Bezahlung gefunden werden kann – den einen oder anderen Preisnachlass schon von vorne herein einkalkulieren. (awp/mc/pg)