Neuenburg – Die Inflation in der Schweiz hat im April weiter angezogen. Mit 2,5 Prozent hat die Jahresteuerung den bereits hohen Wert des Vormonats von 2,4 Prozent nochmals übertroffen. Stark verteuert haben sich erneut Erdölprodukte wie Heizöl und Benzin, aber etwa auch der Luftverkehr.
Erneut waren es entsprechend die Importgüter, die mit einem Anstieg auf Jahressicht von 6,6 Prozent die Teuerung antrieben, wie den Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) vom Donnerstag zu entnehmen ist. Bei den Inlandgütern lag die Jahresteuerung im April hingegen bei 1,2 Prozent und damit sogar etwas tiefer als noch im März.
Die Energie- und Rohstoffpreise haben bekanntlich wegen dem Ukraine-Krieg und den Sanktionen gegen den wichtigen Rohstofflieferanten Russland stark angezogen. In der Schweiz liegt die Inflation trotz des Anstiegs der letzten Monate im internationalen Vergleich derweil noch auf einem verhältnismässig tiefen Niveau. In der Eurozone stand die Jahresteuerung zuletzt bei 7,5 Prozent, in den USA gar bei 8,5 Prozent.
Massiv höherer Heizölpreis
Auch zum Vormonat zogen die Konsumentenpreise im April deutlich an. Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) stieg gegenüber dem März um 0,4 Prozent auf einen Stand von 103,3 Punkten, wobei vor allem die Erdölprodukte innert Monatsfrist um 5,1 Prozent teurer wurden.
Im Vergleich zum Stand vom April 2021 verteuerten sich die Erdölprodukte sogar um 38,5 Prozent. Stark angezogen haben dabei vor allem die Preise für Heizöl, das im April um gut 75 Prozent teurer war als ein Jahr zuvor. Die Preise für Benzin lagen um 25 Prozent über dem Vorjahreswert, die Diesel-Preise um 28 Prozent.
Klar angestiegen sind auch die Preise für Verkehr. Vor allem für den Luftverkehr (+55%), aber auch für Auslands-Pauschalreisen (+20%) sowie für Automieten (+31%) mussten Schweizerinnen und Schweizer deutlich mehr bezahlen als noch vor Jahresfrist. Billiger wurden dagegen die Preise für Hotelübernachtungen und für die Parahotellerie.
Energiekosten überwälzen
Ökonomen geben sich trotz dem erneuten Inflationsanstieg nicht allzu beunruhigt. Der Inflationsdruck bleibe hauptsächlich das Ergebnis von hohen Energiepreisen wie auch der Lieferengpässe – letzteres äussere sich etwa bei den höheren Preisen für Möbel und Autos, kommentierte Credit Suisse-Ökonom Maxime Botteron. Beim Gros der Preiskategorien sei dagegen weiterhin noch keine stärkere Beschleunigung zu beobachten, meint auch Raiffeisen-Ökonom Alexander Koch: Das sollte die Schweizer Inflation auch künftig auf einem wesentlichen tieferen Niveau halten.
Das «Ende der Fahnenstange» sei allerdings noch nicht erreicht, mahnte VP Bank-Chefökonom Thomas Gitzel. Vermehrt würden auch die höheren Energiekosten von Industrie und Dienstleistern auf die Produkte überwälzt. Dagegen beobachten die UBS-Experten bisher noch keine starken «Zweitrundeneffekte». Blieben die Erdölpreise nun stabil, so könnte die Inflation im zweiten Halbjahr auch wieder zurückgehen, meint Ökonom Alessandro Bee.
SNB-Zinserhöhungen umstritten
Geteilt sind die Meinungen der Ökonomen darüber, ob nun auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Zinsen bald erhöhen wird. Sollte von der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli eine erste Zinsanhebung anstehen, wäre auch die Tür für eine Zinserhöhung der SNB «weit offen», heisst es bei der VP Bank. Auch die UBS rechnet mit einer Zinserhöhung in der Schweiz gegen Jahresende.
Laut CS-Experte Botteron rechnet wohl auch die SNB damit, dass die Inflation ab der zweiten Jahreshälfte wieder sinken wird. Eine Straffung der Geldpolitik sei deshalb noch nicht erforderlich. Er rechne in diesem Jahr entsprechend nicht mit einer Zinserhöhung in der Schweiz. Die US-Notenbank Fed hatte am Mittwoch ihren Leitzins zum zweiten Mal im laufenden Jahr angehoben, um die hohe Inflation in den USA zu bekämpfen. (awp/mc/ps)