Junge Grüne lancieren Zersiedelungsinitiative
Junge Grüne fordern keine Einzonungen mehr ohne Auszonungen.
Bern – In der Schweiz soll es keine neue Bauzone geben, ohne dass eine gleich grosse Fläche ausgezont wird. Dies fordern die Jungen Grünen mit der Zersiedelungsinitiative. Am Montag haben sie das Volksbegehren vorgestellt.
Die Zersiedelung sei das «Umweltproblem Nummer eins», sagte Andreas Lustenberger, Co-Präsident der Jungen Grünen, vor den Medien in Bern. Täglich werde Landschaft im Umfang von mehr als acht Fussballfeldern zubetoniert.
«Wir wollen eine Schweiz mit Natur, Grünflächen und Landwirtschaft, keine Betonwüste», sagte Lustenberger. Die Zersiedelung zerstöre überdies nicht nur die Natur und fruchtbares Agrarland, sondern sei auch verantwortlich für das wachsende Verkehrsaufkommen. Wer dezentral wohne, müsse für die Arbeit, das Einkaufen und Freizeitaktivitäten weite Strecken zurücklegen.
Keine Einzonung ohne Auszonung
Aus Sicht der Initianten kann die Zersiedlung nur gestoppt werden, wenn die Gesamtmenge der Bauzonen begrenzt wird. Sie wollen deshalb in der Verfassung verankern, dass die Ausscheidung neuer Bauzonen nur zulässig ist, wenn eine andere Fläche von mindestens gleicher Grösse und vergleichbarem potenziellem landwirtschaftlichem Ertragswert aus der Bauzone ausgeschieden wird.
Dass die Initiative den Wohnraum verknappen und die Mietpreise hochtreiben könnte, sei eine unbegründete Befürchtung, sagte Lustenberger. Statistiken des Bundes zeigten, dass die heutigen Reserven gross genug seien.
Würden die vorhandenen nicht überbauten Bauzonenreserven mit bisheriger Dichte überbaut, wäre laut den Initianten Platz für ein mittleres Bevölkerungswachstum bis 2035. Würde moderat verdichtet, könnte bis 2060 ein hohes Bevölkerungswachstum bewältigt werden.
Hauptproblem Pro-Kopf-Verbrauch
Das Bevölkerungswachstum ist für die Jungen Grünen ohnehin nicht das Hauptproblem. Sie kritisieren viel mehr den Pro-Kopf-Verbrauch an Fläche: Die Siedlungsfläche sei zwischen 1985 und 2009 um über 44% gewachsen, während die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um bloss 17,5% zugenommen habe.
Das revidierte Raumplanungsgesetz genügt aus Sicht der Initianten nicht, um die Zersiedelung zu stoppen, da es keine Limite setzt. Solange immer weiter eingezont werden dürfe, gebe es auch keinen Anreiz zur inneren Verdichtung, sagte Aline Trede, Berner Nationalrätin der Grünen.
Nachhaltige Quartiere statt Siedlungsbrei
Neben der Begrenzung der Bauzonen fordert die Initiative, dass Bund, Kantone und Gemeinden «für günstige Rahmenbedingungen für nachhaltige Formen des Wohnens und Arbeitens in kleinräumigen Strukturen mit hoher Lebensqualität und kurzen Verkehrswegen» sorgen.
Das Ziel: Wohnen, Arbeit und Freizeit sollen wieder näher zusammenrücken. Anstelle eines anonymen Siedlungsbreis in Agglomerationsgebieten sollten nachhaltige Quartiere entstehen, in denen das Wohnen attraktiv sei, sagte Lena Frank, Co-Präsidentin der Jungen Grünen. An einigen Orten sei diese Vorstellung des Zusammenlebens bereits Realität.
Erfolgreich in Zürich
Die Initiative der Jungen Grünen mit dem Namen «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» wird von den Grünen und der JUSO unterstützt. Dem Initiativkomitee gehört auch Regula Rytz an, die Co-Präsidentin der Grünen. Mit einem ähnlichen Anliegen waren die Grünen vor drei Jahren im Kanton Zürich erfolgreich gewesen: Die Kulturlandinitiative wurde mit einem Ja-Stimmen-Anteil von rund 55% angenommen.
Gemäss diesem Volksbegehren dürfen nur noch Böden überbaut werden, die für die landwirtschaftliche Nutzung nicht geeignet sind. Für die Umsetzung ist vorgesehen, dass wertvolle Landwirtschaftsflächen kompensiert werden müssen, wenn sie zu Bauzonen werden.
«Wir lassen uns die Zukunft nicht verbauen»
Die Urheber der eidgenössischen Volksinitiative verwiesen auch auf das Ja zur Zweitwohnungsinitiative. Das Stimmvolk habe schon einmal einen Stopp verlangt, sagte Aline Trede. Nun gelte es, die Gesamtsituation in der Schweiz anzuschauen.
Die Frage, ob dies ein Initiativthema für eine Jungpartei sei, beantworten die Jungen Grünen klar mit Ja. «Es geht um die Zukunft unserer Generation», sagte Andreas Lustenberger. «Wir lassen uns die Zukunft nicht verbauen», befand Lena Frank. Sobald der Initiativtext im Bundesblatt veröffentlicht ist, können die Initianten mit der Unterschriftensammlung beginnen. Sie haben dafür bis am 21. Oktober 2016 Zeit. (awp/mc/ps)