Bern – In der Schweiz bezahlen die Krankenkassen Schwangerschaftsabbrüche weiterhin. Volk und Stände haben eine von christlichen und konservativen Kreisen lancierte Volksinitiative klar verworfen, die Abtreibungen aus dem Leistungskatalog der Grundversicherung streichen wollte.
69,8% der Stimmenden oder rund 2’019’000 Personen lehnten die Vorlage ab, 30,2% oder rund 873’600 Personen nahmen sie an. Die Stimmbeteiligung lag bei rund 56%.
Einzig die Stimmenden im Kanton Appenzell Innerrhoden unterstützten die Initiative, und das mit einem Ja-Anteil von 50,9%. Damit bleibt es bei der seit 1. Oktober 2002 geltenden Fristenregelung: Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen sind nicht strafbar und werden von den Kassen bezahlt.
In der Westschweiz war das Nein zur Initiative mit Anteilen von mehr als 75% viel klarer als in der Deutschschweiz. In der Waadt sagte nur rund jeder zehnte Stimmende Ja zur Initiative – der Nein-Anteil lag bei rund 89,1%, im Nachbarkanton Genf waren es 86,2%.
Den tiefsten Nein-Anteil unter den ablehnenden Kantonen hatte Uri mit 54,7%. Nein-Anteile zwischen 55 und 60% hatten die Kantone Thurgau, Obwalden, St. Gallen und Schwyz. Im Tessin lehnten 67,3% der Stimmenden das Anliegen ab. In städtischen Kantonen fand die Initiative generell weniger Zuspruch.
In Genferseeregion am meisten Abbrüche
Die Nein-Anteile entsprechen in etwa der vom Bundesamt für Statistik registrierten Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen in den Regionen: Am höchsten ist die Abtreibungsquote in der Genferseeregion mit 9,9 Abbrüchen pro 1000 Frauen zwischen 15 und 44 Jahren.
Danach folgt Zürich mit einer Quote von 7,2. Am wenigsten Schwangerschaftsabbrüche pro 1000 Frauen wurden in der Zentralschweiz (4,6), der Ostschweiz (5,0) und der Nordwestschweiz (5,1) durchgeführt.
Pro Jahr lassen in der Schweiz auf 1000 Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren ungefähr 7 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen. In Schweden sind es rund 21 pro 1000 Frauen, in Frankreich fast 18, in Dänemark 15 und in Italien 10. Dass die Krankenkassen die Kosten für den Eingriff übernehmen, ist in Europa die Regel.
Möglicherweise nicht das letzte Wort
Das letzte Wort in Sachen Schwangerschaftsabbrüche haben Volk und Stände am Wochenende möglicherweise nicht gesprochen: Bis zum 26. August 2014 haben Abtreibungsgegner Zeit, um für eine weitere Volksinitiative die nötigen 100’000 Unterschriften zu sammeln.
Sie wollen den Satz «Menschliches Leben ist geschützt» in die Verfassung schreiben. Sie führen volkswirtschaftliche Argumente ins Feld: Der Volkswirtschaft fehlten wegen Abtreibungen zehntausende Männer und Frauen, die weder zum Bruttoinlandsprodukt beitragen noch konsumieren könnten. (awp/mc/ps)