Klimaziele verfehlt – CO2-Abgabe steigt 2022 automatisch
Bern – Ab 2022 kostet die CO2-Abgabe neu 120 statt wie bisher 96 Franken pro Tonne CO2. Der Automatismus spielt, weil die Emissionen aus der Verbrennung von Heizöl und Erdgas zu wenig schnell sinken.
Die CO2-Emissionen aus Brennstoffen verharrten 2020 fast auf dem gleichen Niveau wie im Jahr zuvor, wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) am Mittwoch mitteilte. Sie gingen zwar im Vergleich zum Referenzjahr 1990 um 31 Prozent zurück.
Das ist aber zu wenig, um die automatische Erhöhung der CO2-Abgabe zu verhindern. Laut dem in der geltenden CO2-Verordnung festgelegten Verminderungsziel müssten es 33 Prozent weniger sein. Deshalb steigt die Abgabe am 1. Januar 2022 automatisch von derzeit 96 auf 120 Franken pro Tonne CO2.
Pandemiebedingt weniger Ausstoss
Auch wenn man den milden Winter berücksichtigt, sind die Brennstoff-Emissionen laut Bafu mit rund 0,3 Millionen Tonnen CO2 nur schwach gesunken. Das ist ein Prozentpunkt weniger als 2019.
Für die Abnahme verantwortlich sei die bessere Energieeffizienz von Gebäuden und der vermehrte Einsatz von erneuerbaren Energien beim Heizen. Keinen Effekt auf den Brennstoffverbrauch zeigt die CO2-Statistik 2020 des Bafu hinsichtlich der Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.
Deutlicher ist gemäss Statistik der Rückgang des CO2-Ausstosses aus Treibstoffen. Rund eine Million Tonnen oder acht Prozent weniger als 2019 seien es gewesen. Die Verkehrsemissionen lagen damit insgesamt fünf Prozent unter dem Wert von 1990. Hauptgrund für diesen Rückgang im Jahr 2020 sind laut Bafu die Corona-Massnahmen.
WWF sieht Politik in der Pflicht
Relevant für die Interpretation der Rückgänge des CO2-Ausstosses sind laut einer Mitteilung des WWF Schweiz vom Mittwoch aber nicht das warme Winterwetter und die Corona-Massnahmen, sondern «die tatsächlichen Investitionen in Heizungen und Fahrzeuge».
So zeigten erste Berechnungen, dass die Schweiz auch 2020 «die dreckigste Autoflotte Europas auf die Strasse gestellt und die eigenen Ziele deutlich verfehlt hat». Und bei den Heizungen würden über 60 Prozent der alten durch neue Öl- und Gasheizungen ersetzt.
Für den WWF ist es deshalb absehbar, dass die CO2-Emissionen der Schweiz im Gebäude- und Verkehrsbereich im internationalen Vergleich auch in den kommenden Jahrzehnten «rekordhoch bleiben werden». Deshalb sei jetzt die Politik gefordert. Es brauche nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes durch das Stimmvolk wirksame Massnahmen in den beiden genannten Bereichen, die «solche Fehlinvestitionen» verhinderten.
Der Brennstoffhändlerverband Swissoil reagierte empört auf «den skandalösen Entscheid» gerade nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes vom 13. Juni. Das sei «ein Schlag ins Gesicht der Bevölkerung». Swissoil werde alles daran setzen, eine weitere Erhöhung zu verhindern.
Die Reduktionsvorgaben des Bundesamts für Umwelt (Bafu) seien schikanös. Gemäss dem Atomatismus aus dem geltenden CO2-Gesetz steigt die Abgabe, wenn die CO2-Reduktion aus Gebäuden im Referenzjahr weniger als 33 Prozent beträgt. Nun liege die Reduktion bei 31 Prozent.
87 Franken weniger Krankenkassenprämien
Zwei Drittel der CO2-Abgabe fliessen gemäss Mitteilung zurück an die Bevölkerung und die Wirtschaft. Jede in der Schweiz lebende Person erhalte im laufenden Jahr über die Krankenkassenprämie 87 Franken, heisst es in der Bafu-Mitteilung. Die restlichen Mittel kommen einerseits den Gebäudeprogrammen in den Kantonen zugute (maximal 450 Millionen Franken), anderseits fliessen maximal 25 Millionen Franken in den Technologiefonds.
Die CO2-Abgabe wird seit 2008 auf fossilen Brennstoffen wie Heizöl oder Erdgas erhoben. Sie wird automatisch erhöht, wenn die in der geltenden CO2-Verordnung festgelegten Zwischenziele nicht erreicht werden. Bei der Erhöhung per 2022 handle es sich um die letzte, die unter der geltenden CO2-Gesetzgebung möglich sei, schreibt das Bafu. (awp/mc/ps)