KOF: Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Wahl Donald Trumps auf die Schweiz

Container

(Bild: © Binkski - Fotolia.com)

Zürich – Entgegen den meisten Meinungsumfragen und Markterwartungen ist Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden. Spürbare konjunkturelle Auswirkungen sind trotz einer fehlenden wirtschaftspolitischen Kontinuität nicht zu erwarten. Auf längere Frist dürften jedoch die vermehrt protektionistischen Tendenzen von Bedeutung sein, wie die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich schreibt. Hiervon ist auch die Schweiz betroffen, die als stark exportorientierte Volkswirtschaft auf möglichst ungehinderten Marktzugang angewiesen ist.

Der Kern des Wahlprogramms von Donald Trump ist die Senkung von Einkommens- und Unternehmenssteuersätzen, was zu erheblichen Mindereinnahmen des Staates führen wird. Die  Gegenfinanzierung soll hauptsächlich durch die Reduktion von Staatsausgaben und ein starkes Wirtschaftswachstum erfolgen, wobei die unterstellten ökonomischen Projektionen teilweise als unrealistisch einzustufen sind. Als Folge davon muss dieser Fiskalimpuls wohl mehrheitlich schuldenfinanziert werden. Dieser Umstand und  gewisse andere Wahlversprechen dürften selbst in einem republikanisch dominierten Kongress auf heftigen Widerstand stossen. Dazu gehört auch die Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) mit Kanada und Mexiko und der Handelsbeziehungen mit China. Die Ausweisung von rund 11 Mio. nicht registrierten Immigranten dürfte kaum umsetzbar sein, auch weil ein derartiger Schock die Binnennachfrage empfindlich treffen und die Lohndynamik unerwünscht anheizen würde. Ebenso dürften die Verhandlungen zu neuen Freihandelsabkommen wie der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) und dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) erschwert werden.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Wahlsiegs auf die Vereinigten Staaten..
Der Dollar wertete kurzfristig gegenüber den wichtigsten Währungen ab, erholte sich aber rasch wieder. Der mexikanische Peso hingegen verlor gegenüber dem US-Dollar bis zu 10% an Wert, als sich der Wahlsieg Donald Trumps abzeichnete, der sich im Wahlkampf häufig negativ über die  wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Mexiko geäussert hatte. Der Schweizer Franken bewegte sich kaum zum Euro. Die Rendite auf 10-jährige amerikanische Staatsanleihen fiel zwischenzeitlich um 14 Basispunkte, als risikoaverse Investoren in sichere Anlagen flüchteten, was jedoch einer vergleichsweise geringen Schwankung entspricht. Ebenso deuteten Terminkontrakte auf amerikanische Leitindizes kurzfristig auf Verwerfungen an den Kapitalmärkten hin, aber die Marktteilnehmer beruhigten sich rasch wieder.

Die Konjunktur in den Vereinigten Staaten dürfte kaum vom Wahlsieg Donald Trumps beeinträchtigt werden. Die robuste Entwicklung der privaten Konsumausgaben und des Aussenhandels im 3. Quartal 2016 dürfte sich weiter fortsetzen, während von der schwachen Investitionsaktivität, insbesondere im Wohnbau, unter anderem als Folge der unsicheren wirtschaftspolitischen Aussichten keine positiven Impulse zu erwarten sind. Die Tendenz zu protektionistischen Massnahmen und populistischer Wirtschaftspolitik könnten allerdings eine negative Auswirkung auf das Potenzialwachstum in den USA haben.

.. und auf die Schweiz
Eine robuste gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Staaten ist auch für die Schweiz von Bedeutung. Zum einen sind die Vereinigten Staaten ein wichtiges Zugpferd der globalen Konjunktur. Eine konjunkturelle Abkühlung in Übersee hatte in der Vergangenheit meist auch eine Abschwächung der europäischen Konjunktur zur Folge, mit den entsprechenden negativen Effekten auf die Schweiz. Zum anderen sind  die Vereinigten Staaten auch direkt ein wichtiger Absatzmarkt. Gemäss den «Directions of Trade Statistics» des Internationalen Währungsfonds exportierten Schweizer Unternehmen im Jahr 2015 Waren im Wert von mehr als 30 Mrd. US-Dollar über den Atlantik, was einem Anteil von ungefähr 9% an den gesamten Warenexporten entspricht. Damit sind die USA nach Deutschland das zweitwichtigste Absatzland für Exportgüter.

Ausserdem wird rund 45% des Schweizer Warenhandelsüberschusses im Handel mit den USA erzielt. Beim Dienstleistungshandel sind die Vereinigten Staaten sogar der wichtigste Handelspartner der Schweiz: 16% der Dienstleistungsexporte und mehr als 20% der Importe stammen aus den Handelsbeziehungen mit den USA. Dabei handelt es sich zu einem Drittel um Lizenzgebühren, aber auch Geschäftsdienstleistungen und ICT-Dienste spielen im Dienstleistungshandel zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle. Zudem stellen die Amerikaner rund 9% der ausländischen Logiernächte, womit die USA auch ein wichtiger Absatzmarkt für Tourismusdienstleistungen sind.

Der Grossteil der Schweizer Exporte in die Vereinigten Staaten reagiert allerdings vergleichsweise unelastisch auf konjunkturelle Schwankungen. Gut die Hälfte der Warenexporte in die USA machten in den vergangenen Jahren chemische Produkte aus, insbesondere Medikamente und andere pharmazeutische Erzeugnisse. Diese könnten allenfalls durch die im Wahlkampf angekündigte Überprüfung der Preissetzung von Medikamenten beeinträchtigt werden. Einen anteilsmässig geringer werdenden, aber mit mehr als 10% nach wie vor sehr wichtigen Bestandteil stellen die breit diversifizierten Maschinenexporte. Weitere wichtige Ausfuhrgüter sind Uhren und medizinische Instrumente mit je etwa 10%. Umgekehrt exportierten die Vereinigten Staaten im Jahr 2015 Waren im Wert von mehr als 22 Mrd. US-Dollar in die Schweiz, was jedoch einem Anteil von lediglich  1-2% des gesamten US-amerikanischen Exportvolumens entspricht. Fast die Hälfte der Importe aus den USA sind Edelmetalle, insbesondere nicht-monetäres Gold, das zur Raffination in die Schweiz kommt.

Substantielle Nachteile bei protektionistischen Massnahmen
In Anbetracht der robusten konjunkturellen Dynamik in den Vereinigten Staaten dürfte die Schweizer Exportwirtschaft durch die Wahl Donald Trumps kaum betroffen sein. Sollten die angekündigten protektionistischen Massnahmen jedoch umgesetzt werden und vielleicht sogar Nachahmer finden, dürfte das die Schweiz als exportorientierte Volkswirtschaft substantiell beeinträchtigen. So ist es durch diesen Wahlausgang wahrscheinlicher geworden, dass das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der EU gar nicht oder nur in reduziertem Umfang zustande kommt. Dies dürfte auch für die Schweiz von Bedeutung sein: Eine Studie unter Beteiligung des KOF-Forschers Peter Egger kommt zum Ergebnis, dass ein umfangreiches TTIP-Abkommen für die Schweiz positive gesamtwirtschaftliche Auswirkungen hätte.[1] Und zwar selbst dann, wenn die Schweiz nicht über ein gesondertes Freihandelsabkommen mit der EFTA und den USA an TTIP partizipieren kann. Zwar würden Schweizer Exporteure gegenüber ihren europäischen Konkurrenten beim Marktzugang zu den USA benachteiligt werden. Dies wird jedoch durch eine grössere globale wirtschaftliche Dynamik aufgrund der Handelsliberalisierung überkompensiert, von der auch die Schweiz profitiert. Dagegen hätte ein reduziertes Abkommen, welches nur Reduktionen der Zölle, aber keinen Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse umfasst, gemäss der Studie negative Auswirkungen auf die Schweiz.

Wirtschaftspolitische Herausforderungen
Die wichtigste Aufgabe für Donald Trump wird es sein, den sich seit Jahren öffnenden ideologischen Graben zu schliessen. Die politischen Divergenzen finden sich entlang vieler Dimensionen, jedoch besonders ausgeprägt bei Bildungsniveau, Alter, Geschlecht und ethnischer Herkunft. Um die Nachwirkungen des polemischen Wahlkampfs zu begrenzen, muss er für eine mehrheitsfähige und transparente Politik einstehen und das Vertrauen in die politischen Institutionen wiederherstellen. Auch ökonomischen Herausforderungen sind vorhanden. Dem niedrigen Produktivitätswachstum gilt es entgegen seinem Wahlprogramm mit Investitionen in Bildung und Infrastruktur entgegenzutreten. Das Budgetdefizit sollte reduziert werden, um die Schuldentragfähigkeit der öffentlichen  Hand im Hinblick auf steigende Zinsen zu gewährleisten. Das komplexe Steuerrecht bedarf einer Überarbeitung, und sowohl bei der Gesundheitsreform als auch bei der Finanzmarktregulierung muss ein Konsens gefunden werden. Nicht zuletzt besteht eine Herausforderung darin, sicherzustellen, dass  der wirtschaftliche Aufschwung in den vergangenen Jahren vermehrt auch bei Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen ankommt. (KOF/mc/pg)

KOF 

Exit mobile version