KOF: Schweizer Wirtschaft wächst weiter – Risiken von Handelsstreit
Zürich – Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) sieht die Schweiz wieder auf einem robusten Wachstumskurs. Im kommenden Jahr dürfte sich dieser fortsetzen. Allerdings bleibt das Umfeld weiterhin von Unsicherheiten wie einer möglichen Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China geprägt.
Die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz verlaufe seit Jahresbeginn «günstig», schreibt die KOF in ihrer am Donnerstag veröffentlichten Sommerprognose. In der jüngsten Vergangenheit sei sie einiges positiver ausgefallen, als man in der vorherigen Prognose erwartet habe, sagte KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm an einer Medienveranstaltung.
BIP-Prognose 2019 angehoben
Vor dem Hintergrund des starken ersten Quartals erhöht die KOF ihre Vorhersage für das BIP-Wachstum 2019 gegenüber ihrer Frühjahresprognose im März um 0,6 Prozentpunkte auf +1,6 Prozent. Für 2020 erwarten die KOF-Ökonomen neu ein Wachstum von +2,3 Prozent anstatt der zuvor prognostizierten +2,1 Prozent.
Für die momentan gute Verfassung der Schweizer Wirtschaft machte Sturm vor allem die Industrie verantwortlich. Nachdem sich der Franken in den vergangenen Jahren etwas abgeschwächt habe und teuerungsbereinigt inzwischen auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank liege, sei die Industrie wieder wettbewerbsfähiger geworden und erziele normalere Margen. Abgesehen von der Autozulieferern sei sie ausserdem vor allem in Produktionsbereichen tätig, die nicht von erhöhten Zöllen der USA betroffen seien, so der Ökonom weiter.
Insgesamt robust bleibt nach Ansicht der KOF auch die Bautätigkeit, und im Handel sieht die Forschungsstelle den Rückgang der Wertschöpfung vorerst beendet.
Arbeitslosenquote geht zurück
Auf den Arbeitsmarkt hat sich gemäss KOF die gute Dynamik des vergangenen Jahres im ersten Quartal fortgesetzt. In den kommenden Quartalen dürfte die Entwicklung gemäss KOF aber wieder etwas verhaltener ausfallen. Für das Gesamtjahr wird mit einem Wachstum der Beschäftigung von 1,3 Prozent erwartet. Bei der Erwerbstätigenzahl erwartet die KOF eine Wachstumsrate von 0,9 Prozent. Diese Dynamik dürfte zu einer sinkenden Arbeitslosenquote führen. Gemäss dem Standard der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) dürfte die Arbeitslosenquote heuer auf 4,3 von 4,7 Prozent sinken. Im 2019 rechnet die KOF gar mit einem Rückgang auf 4,1 Prozent.
Trotz der besseren Lage am Arbeitsmarkt dürften die Löhne in den kommenden Quartalen nur allmählich anziehen. Gegenwärtig rechnet die KOF für das laufende Jahr mit einem Wachstum der Nominallöhne on 0,7 Prozent. Nach Abzug der Teuerung reicht dies nur für ein kleine Reallohnplus. 2020 sollten die Löhne dann aber sowohl nominal (+1,0%) als auch real wieder etwas stärker steigen.
Unsicherheiten im Ausland
Das grösste wirtschaftliche Risiko für die Schweiz bleibt gemäss Sturm eine Verschärfung der Handelskonflikte – und insbesondere eine Ausweitung auf weitere Schweizer Exportdestinationen. In der Eurozone geht die grösste Gefahr für die Konjunktur zurzeit von Italien aus. Die langjährige schleppende Entwicklung nehme dort kein Ende und die staatlichen Defizite führten zu einer weiteren Erhöhung der Verschuldung.
Internationale wirtschaftliche oder geopolitische Verwerfungen könnten sich nach Ansicht der KOF zu Währungsturbulenzen führen. Eine Flucht in die sogenannten sicheren Häfen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer erneuten und für die Exportwirtschaft unerwünschten Aufwertung des Frankens führen. (awp/mc/ps)