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Zürich – Die KOF hat ihre Prognose für das Schweizer Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr etwas nach unten revidiert. Neu rechnet sie mit einem BIP-Wachstum von 1.7% im laufenden und kommenden Jahr (Juni-Prognose: 1.8% respektive 2%) und mit 2.1% im Jahr 2016. Grund hierfür sind einerseits das schwächere internationale Umfeld, andererseits Datenrevisionen. Die Arbeitslosenquote wird sich in den kommenden Monaten kaum verändern. Die Teuerung bleibt weiterhin tief.
Die Schweiz durchläuft zurzeit eine Periode relativ schwachen, aber stabilen Wirtschaftswachstums. Der Exportsektor boomt weniger als zuvor. Die Binnenwirtschaft, die sowohl während als auch nach der Finanzkrise die ausbleibende Auslandsnachfrage kompensiert hatte, entwickelt sich nun schwächer. Aufgrund der Nettoeinwanderung kam es allerdings nicht zu einem Einbruch bei der Inlandsnachfrage. Der private Konsum wird im zu Ende gehenden Jahr langsamer zunehmen als die Bevölkerung. Dies dürfte sich im Verlauf des kommenden Jahres wieder ändern, auch wenn der Konsum nicht mehr ganz die Wachstumsraten von 2012 und 2013 erreichen wird (2015: 1.9%).
Ein kräftiges Wirtschaftswachstum ist somit nicht zu erwarten. Die Entwicklung der für die Schweiz wichtigsten Handelspartner gibt wenig Grund zu Optimismus. Insbesondere in der Europäischen Union lässt ein nachhaltiger Aufschwung auf sich warten, entsprechend ist der Bedarf an schweizerischen Investitionsgütern dort weiterhin gering. In Osteuropa wirkt der Konflikt in den östlichen Gebieten der Ukraine dämpfend. Ausserhalb Europas, z.B. in den USA, läuft die Wirtschaft relativ gut, was international wichtige Impulse gibt. Die Schwellenländer, vor allem die BRIC-Staaten, zeigen hingegen nicht mehr die gleiche Wachstumsdynamik wie vor einigen Jahren. Als eines der wenigen dieser Länder entwickelt sich China weiterhin gut, obgleich auch hier die Dynamik nachgelassen hat.
Beschäftigungswachstum setzt sich fort
Vor diesem Hintergrund erwartet die KOF für den Schweizer Arbeitsmarkt folgende Entwicklungen: Die vollzeitäquivalente Beschäftigung wird im kommenden Jahr mit 1.1% weiter steigen. Der Zuwachs wird vor allem im Dienstleistungssektor stattfinden. Dort wird auch der Hauptteil der steigenden Ausrüstungsinvestitionen erwartet. Insbesondere bei den Personentransporten sind grosse Investitionsvolumina bereits bestellt, die Ende nächsten Jahres und 2016 ausgeliefert werden. Die Arbeitslosenquote gemäss der Definition des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) wird 2015 bei 3.1 % zu liegen kommen, nach 3.2% im zu Ende gehenden Jahr. Gemäss Definition der International Labour Organization (ILO) dürfte sie im nächsten Jahr 4.2% betragen, nach 4.5% im laufenden Jahr.
Kurzfristzinsen bleiben nahe null
Mit einer Teuerung von unter 1% in den beiden nächsten Jahren besteht für die Geldpolitik kein Anlass, restriktiv zu agieren. Die KOF erwartet, dass die Kurzfristzinsen weiterhin nahe bei null liegen werden, während bei den Langfristzinsen über den Prognosezeitraum bis Ende 2016 eine allmähliche Steigerung zu erwarten ist. Der Wechselkurs zum Euro wird noch eine Weile bei 1.20 verharren. Die prognostizierte wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum macht eine Abschwächung des Frankens in der nächsten Zeit unwahrscheinlich.
BIP-Wachstum im kommenden Jahr zurückgenommen
Die KOF rechnet für dieses Jahr nahezu unverändert mit einem Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1.7%. Insgesamt etwas eingetrübt hat sich aber der Ausblick für nächstes Jahr: Rechnete die KOF im Sommer für das Jahr 2015 noch mit einem BIP-Zuwachs von 2%, geht sie nun von einem Anstieg von 1.7% aus. Ebenfalls zu tragen kommt bei der jüngsten Prognose die Umstellung der Volks wirtschaftlichen Gesamtrechnung, die zwar an den Zukunftsaussichten wenig ändert, aber dafür zu einigen Verschiebungen in der Vergangenheit geführt hat.
Prognoserisiken: internationales und nationales Umfeld
Bereits in der Frühjahrsprognose hatte die KOF dargelegt, dass es aufgrund der Annahme der Initiative gegen Masseneinwanderung und der vorhandenen Unsicherheit bezüglich deren Umsetzung zu negativen Effekten bei den Investitionen der Unternehmen kommen dürfte. Diesbezüglich hat sich die Situation seit dem Frühjahr (oder Sommer) kaum verändert. Zusätzlich haben aber die mit den internationalen Entwicklungen einhergehenden ökonomischen Unwägbarkeiten zugenommen. Sie dürften momentan auch auf die Planungen der Unternehmen in der Schweiz abfärben, so dass die KOF insgesamt von einer nur verhaltenen Dynamik bei den Ausrüstungsinvestitionen ausgeht. Die Risiken bestehen sowohl im ökonomischen Umfeld im Euroraum als auch in der politischen Entwicklung in der Ukraine und im Nahen Osten. Ferner kann eine weitere Verbreitung der Ebola-Krankheit in Westafrika negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Stimmung haben, auch wenn die bisher betroffenen Staaten eine begrenzte Bedeutung für die internationale Wirtschaft haben.
Dass sich trotz der erwähnten Entwicklungen der prognostizierte BIP-Anstieg 2014 kaum verändert hat, liegt an der Lagerhaltung. Die Unternehmen haben die ungünstigere Entwicklung im bisherigen Jahresverlauf durch ihre Lagerhaltung abgefedert. Die Höhe der Lagerinvestitionen 2013 sowie im ersten Halbjahr 2014 und die damit verbundene Erhöhung der Lagerbestände wird sich abgeschwächt bis zum Ende der Prognoseperiode fortsetzen. Falls aber die Produktion schneller gedrosselt und an die Nachfrage angepasst würde, hätte dies entsprechende negative Konsequenzen für die Wertschöpfungsentwicklung und schliesslich für die Beschäftigung.
Viele Unklarheiten im Zusammenhang mit der MEI-Umsetzung
In der Prognose werden die zukünftigen Massnahmen im Zuge der Initiative gegen Masseneinwanderung nicht vollumfänglich berücksichtigt, da derzeit noch zu viele Unklarheiten darüber bestehen, wann und in welcher Form die Initiative umgesetzt wird. Die momentan bestehende Unsicherheit ist jedoch als Faktor in die Prognose eingeflossen. Die KOF unterstellt in ihrer Prognose zudem, dass die «Ecopop-Initiative» nicht angenommen wird. Eine Annahme der Initiative würde die Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Nachfrageentwicklung, den Rekrutierungskosten und des Zugangs zum EU-Binnenmarkt kurzfristig stark erhöhen. Als Folge dürften sich die Investitionen von Unternehmen in der Schweiz deutlich reduzieren.
Das Wachstum in der Schweiz der vergangenen Jahre wurde massgeblich von der Zuwanderung, der Personenfreizügigkeit und den bilateralen Verträgen bestimmt. Entsprechend ist es praktisch unmöglich, empirisch fundierte quantitative Aussagen über die zukünftige Entwicklung der Schweizer Volkswirtschaft bei einer Annahme der Initiative zu machen. (KOF/mc/pg)