Zürich – Bereits im Spätsommer hat eine allmähliche Erholung des Tourismussektors eingesetzt – auch bei den europäischen Touristen. Die Inlandreisenden bleiben allerdings nach wie vor die wichtigste Stütze der Tourismusbranche, während sich die Fernmärkte nur sehr langsam erholen. Für die kommende Winter- und Sommersaison geht die KOF in ihrer Tourismusprognose von einer graduellen Normalisierung aus.
Im vergangenen Sommer hat die touristische Aktivität ihr normales Niveau noch nicht erreicht, trotz der Entschärfung der pandemischen Situation und der Reiseerleichterungen durch die COVID-Zertifikate. Die Zahl der Logiernächte lag um 21% tiefer als noch im Sommer 2019. Wie im vergangenen Jahr, trugen vor allem die inländischen Touristen kräftig zu dieser Entwicklung bei. So lag die Zahl inländischer Übernachtungen im Sommer 2021 sogar um 2.5 Mio. höher als das Vorkrisenniveau. Die Übernachtungen von ausländischen Gästen hingegen lagen immer noch bei 43% des Vorkrisenniveaus. Zuletzt verbesserte sich die Situation bei der Nachfrage von ausländischen Gästen aber. So wurde seit Juli durchschnittlich wieder 60% des Niveaus der ausländischen Gäste vor der Pandemie erreicht. Allen voran aus den Nachbarländern Deutschland und Frankreich wurde ein kräftiger Anstieg der Logiernächte im August verzeichnet.
Hohe Immunisierung könnte für rasche Erholung der Fernmärkte sorgen
Bei den Fernmärkten zeigten sich in der Sommersaison 2021 ebenfalls erste Lebenszeichen, wenn auch nur punktuell. So stieg insbesondere die Nachfrage von Touristen aus den USA im August spürbar an. Bemerkenswert zeigten sich auch die Zahlen der Logiernächte von Touristen aus den Vereinigen Arabischen Emiraten (VAE), die in den Sommermonaten deutlich anstiegen. Die VAE verzeichnen mit einer Vollimmunisierungsrate von mehr als 85% der Bevölkerung über zwölf Jahren die höchste Impfquote weltweit, dicht gefolgt von anderen Golfstaaten wie Qatar und Bahrain. Die VAE sind damit der erste Fernmarkt, der hinsichtlich der Übernachtungen über dem Niveau vor der Krise liegt. Zwar machen Gäste aus den VAE nur einen geringen Anteil aller Reisenden aus. Diese Entwicklung deutet jedoch darauf hin, dass eine hohe Immunisierung, deren Anerkennung in der Schweiz sowie der Einsatz von gezielten Werbekampagnen, für eine rasche Erholung der touristischen Aktivität sorgen können.
Ausblick auf die Wintersaison 2021/22: Mehr Inländer, aber weniger ausländische Touristen
Im Winterhalbjahr 2021/22 wird es angebotsseitig kaum mehr Restriktionen geben. Ein Anstieg der Corona-Infektionsraten in den Wintermonaten ist zwar wahrscheinlich, neuerliche Eindämmungsmassnahmen sind aber aufgrund der fortgeschrittenen Impfkampagnen nicht mehr zu erwarten. Eine Zertifikatspflicht in den Bergbahnen ist zurzeit nicht geplant, womit in der Schweiz weniger strikte Regeln als beispielsweise in Österreich oder Deutschland gelten werden. Ein gewisser Nachholeffekt ist bei den Reisenden zu erwarten, die im vergangenen Jahr auf einen Winterurlaub verzichten mussten oder wollten – insbesondere bei Touristen aus dem Inland und den Nachbarländern. Obwohl die Inländer vermehrt auch ausländische Destinationen wählen dürften, werden ihre Übernachtungszahlen deutlich über denjenigen vom vergangenen Winter liegen und voraussichtlich sogar höher als vor der Pandemie ausfallen. Die Besucherzahlen aus dem Ausland werden hingegen gemäss der KOF-Prognose auch im Winter 2021/22 – trotz der fortschreitenden pandemischen Normalisierung – immer noch tiefer liegen als vor der Krise.
Allmähliche Normalisierung in der Sommersaison 2022
Auch ausländische Tourismusdestinationen dürften im Rahmen der zu erwartenden graduellen Normalisierung ab der Sommersaison 2022 wieder attraktiver werden. In der Folge dürfte der Inlandtourismus, der in den Pandemiejahren vergleichsweise kräftig ausgefallen ist, wieder zurückgehen, jedoch auf einem leicht höheren Niveau verbleiben. Die Touristenströme aus Europa werden gemäss der KOF-Prognose ihre kräftige Erholung weiter fortsetzen und in der Sommersaison 2022 das Niveau von vor der Pandemie leicht übertreffen. In den städtischen Gebieten ist die Erholung weiterhin eher träge, vor allem aufgrund des Rückgangs des Geschäftstourismus und dem mehrheitlichen Ausbleiben der aussereuropäischen Touristen. Die Hotellerie im Alpenraum dürfte ihre graduelle Erholung hingegen weiter fortsetzen.
Spezialanalyse: Parahotellerie erholt sich schneller als Hotellerie – vor allem Camping beliebt
Die Parahotellerie, welche Ferienwohnungen, Kollektivunterkünfte und Campingplätzen umfasst, erholte sich nach den strikten Eindämmungsmassnahmen im Frühjahr 2020 schneller und kräftiger als die Hotellerie. Gemäss einer Spezialanalyse der KOF war insbesondere die Nachfrage nach Übernachtungen auf Campingplätzen gross. Im Vergleich zu 2019 sind die Campingübernachtungen von Januar bis Juni 2021 um das 1.8-fache gestiegen. Diese hohen Werte dürften im Zuge der Normalisierung durch das Abklingen der Pandemie jedoch wieder zurückgehen. Bei der inländischen Nachfrage wird ein gewisser Nachholbedarf bei Auslandsreisen dämpfend auf die derzeit hohen Übernachtungszahlen in der Parahotellerie wirken. Jedoch ist zeitgleich mit höheren Zahlen an ausländischen Touristen zu rechnen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nach Übernachtungen in Kollektivunterkünften ab dem kommenden Jahr vollständig erholen dürfte. Dies sollte stabilisierend auf die Entwicklung der Parahotellerie insgesamt wirken. (KOF/mc/hfu)