KOF-Leiter Jan-Egbert Sturm.
Zürich – Verdrängen zuwandernde Erwerbstätige die bereits ansässigen Erwerbstätigen aus ihren Jobs oder verringern sie den Fachkräftemangel und erhöhen dadurch gar die Beschäftigungschancen der Ansässigen? Dieser Frage widmet sich eine neue Studie der KOF. Die Autoren finden kaum Hinweise für eine Verdrängung der ansässigen Beschäftigten. Sie zeigen vielmehr, dass die Zuwanderung seit 2002 die Arbeitslosigkeit der Ansässigen verringert hat und dass sie ihnen sogar ermöglicht, in besser bezahlte Jobs aufzusteigen.
Eine neue KOF-Studie widmet sich der Frage, ob die Zuwanderung von ausländischen Erwerbstätigen aus den EU- und Nicht-EU-Ländern in der Periode von 2002 bis 2011 zum Nachteil der ansässigen Erwerbsbevölkerung gewesen ist. Als ansässige Erwerbstätige gelten dabei nicht nur Schweizer Bürger, sondern auch ausländische Erwerbstätige, die seit mindestens drei Jahren in der Schweiz leben.
Arbeitslosigkeit der ansässigen Bevölkerung verringert
Die Ergebnisse der Studie weisen auf positive Effekte der Zuwanderung auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt hin. So reduzierte die Zuwanderung die Arbeitslosigkeit der ansässigen Bevölkerung, insbesondere jene der gering qualifizierten Erwerbstätigen. Gleichzeitig hatte die Zuwanderung keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung, die durchschnittlichen Löhne oder die Arbeitsmarktbeteiligung der Ansässigen. Zudem finden die Autoren, dass die Zuwanderung einigen ansässigen gering und mittelqualifizierten Erwerbstätigen ermöglicht hat, beruflich aufzusteigen. Diese positiven Effekte der Zuwanderung kommen zustande, obwohl die Studie ausklammert, dass durch Bevölkerungswachstum auch ein Grössenwachstum der Volkswirtschaft erzeugt wird, welches wiederum zu Beschäftigungswachstum führt.
Entschärften Fachkräftemangel durch die Zuwanderung
Gemäss den Autoren sind diese Ergebnisse vor allem mit dem entschärften Fachkräftemangel durch die Zuwanderung zu erklären. Entsprechend sind einerseits Erwerbstätige aus dem Ausland zugewandert, welche die ansässigen Arbeitskräfte nicht direkt konkurrenzieren, sondern grösstenteils ergänzt haben. Andererseits hat die Reduktion im Fachkräftemangel durch die Zuwanderung auch dazu geführt, dass Firmen Stellen in der Schweiz geschaffen haben, die ohne Zuwanderung ins Ausland abgewandert oder dort kreiert worden wären. (KOF/mc/ps)
Methodik
Die Autoren der Studie, Christoph Basten und Michael Siegenthaler, unterteilen den Arbeitsmarkt zunächst in verschiedene Berufs- und Altersgruppen. Anschliessend untersuchen sie, wie sich die Erwerbssituation der ansässigen Erwerbstätigen in den Berufs-Alters-Gruppen entwickelt hat, je nachdem, ob überdurchschnittlich viele oder überdurchschnittlich wenige Ausländer in diese Gruppen zugewandert sind. Dabei berücksichtigen sie, dass die Zuwanderung insbesondere in jene Berufsgruppen geschieht, in denen in der Schweiz ein Fachkräftemangel herrscht – und damit die Verdrängungseffekte unterschätzt werden können, weil in jene Berufsgruppen ausländische Erwerbstätige zuwandern, wo auch die Erwerbssituation der Ansässigen überdurchschnittlich gut ist.