Bern – Restaurants, Kultur- und Freizeitbetriebe sollen schon in einem Monat wieder öffnen dürfen. Das fordert die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N). Die vorsichtige Öffnungsstrategie des Bundesrats gerät auch von anderen Parlamentskommissionen unter Druck.
Neben der SVP, dem Gewerbeverband, Gastrosuisse und einzelnen Kantonen verlangt nun auch eine Mehrheit der SGK-N schnellere Öffnungsschritte. Restaurants sollen bereits am 22. März öffnen. Der Entschied fiel an einer ausserordentlichen Sitzung mit 14 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.
Betriebe in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit und Sport seien ebenfalls spätestens ab dem 22. März 2021 offen zu halten, fordert eine Kommissionsmehrheit von 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung.
Terrassennutzung zulassen
Dabei seien entsprechende Schutzkonzepte einzuhalten – wie die Beschränkung der maximalen Besucherzahl, die maximale Platzzahl pro Tisch oder die Festlegung der Sperrstunden nach 22 Uhr. Diese Vorgaben sollen nach Ansicht der Kommission vom Bundesrat kommen.
Die SGK-N fordert den Bundesrat in einem Schreiben zudem auf, den Kantonen zu ermöglichen, «eine massvolle Nutzung der Terrassen für den Take-away-Betrieb zu erlauben», beispielsweise in den Skigebieten. Der Bund hatte eine solche Nutzung bisher als rechtswidrig beurteilt.
Die Kommissionsmehrheit erachtet es gemäss Mitteilung als angezeigt, dass die stark von der Krise betroffenen Branchen eine Perspektive erhalten, die über die aktuell geplanten Öffnungsschritte des Bundesrats hinausgeht.
Schnellere Zahlungen an Betroffene
Ausbauen will die SGK-N auch die Wirtschaftshilfen, wie sie in einem Mitbericht an die federführende Wirtschaftskommission schreibt. Sie beantragt beispielsweise, dass die aktuell bis Ende März 2021 befristete Bestimmung zur Bemessung der Kurzarbeitsentschädigung bei tiefen Einkommen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden soll.
Zudem sollen die Unternehmen, die Härtefallhilfen beantragen, laut SGK-N schneller an ihr Geld kommen. Bei komplexen Gesuchen sollen die Behörden Vorschüsse gewähren. Ferner sollen Unternehmen bei verspäteter Zahlung der Mehrwertsteuer, der Lenkungsabgaben, der Zollgebühren, der direkten Bundessteuer und der Sozialabgaben keinen Verzugszins schulden müssen.
Auch sollen Arbeitslose, die ab dem 1. Januar 2021 die Anspruchsvoraussetzungen für Überbrückungsleistungen erfüllen, bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (ÜLG) nicht von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert werden.
Bundesrat will vorsichtig lockern
Die SGK-N will die Forderungen im Covid-19-Gesetz verankern, das ab übernächster Woche an der Frühjahrssession der eidgenössischen Räte diskutiert wird. Die ersten definitiven Lockerungsschritte will der Bundesrat bereits nächsten Mittwoch kommunizieren. Derzeit läuft eine Konsultation bei den Kantonen.
Der Bundesrat will vorsichtig öffnen: Sein am Mittwoch präsentierter Öffnungsplan sieht beispielsweise vor, dass Restaurants frühestens am 1. April wieder den Aussenbereich öffnen dürfen – vorausgesetzt, dass sich die epidemiologische Lage bis Ende März nicht verschlechtert. Unter den gleichen Bedingungen soll dann auch das Trainieren in Fitnesscentern wieder möglich werden.
Grosszügigere Kulturhilfe
Am Freitag haben sich neben der SGK-N weitere parlamentarische Kommissionen zu Wort gemeldet. So fordert die Kulturkommission des Nationalrats (WBK-N) den Bundesrat per Schreiben auf, in seiner Ausstiegsstrategie Lockerungen im gesamten Kulturbereich – und nicht nur bei den Museen – in Erwägung zu ziehen. Weiter soll der Kulturbereich auch in den Monaten nach der Aufhebung der drastischen Massnahmen unterstützt und eine Reform zur besseren sozialen Absicherung von Kulturschaffenden in Betracht gezogen werden.
So verlangt die WBK-N mit 16 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung, den Erwerbsausfall von Kulturschaffenden umfangreicher zu entschädigen. Von parlamentarischer Seite ins Spiel gebracht wurde eine neue Rechtsgrundlage für die rückwirkende Entrichtung von Entschädigungen.
Die WBK-N will die Regelungen für Profisportclubs, die À-fonds-perdu-Beiträge beantragen wollen, lockern. Zudem wünscht sie sie sich auch für den Sport «eine klare Ausstiegsstrategie aus dem Corona-Ausnahmezustand».
Finanzkommission gespalten
Schliesslich führte auch die Finanzkommission des Ständerats (FK-S) Beratungen zum Ausstiegsplan des Bundesrats. Gemäss Mitteilung waren die Einschätzungen in diesem Gremium geteilt.
Mehrere Mitglieder wünschten sich demnach eine schnellere und breitere Öffnung und wiesen auf die hohen Kosten und Auswirkungen für die Gesellschaft und Wirtschaft hin. Vermisst wurden auch längerfristige Szenarien und Strategien.
Andere Mitglieder begrüssten die Entscheide des Bundesrats ausdrücklich, wie es weiter hiess. Sie halten sie der Situation angemessen. Zudem gebe die Schweiz im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt weniger aus als andere Länder. (awp/mc/pg)