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Bern – Die Konjunkturperspektiven für die Schweiz haben sich laut den Ökonomen des Bundes nach dem SNB-Entscheid von Mitte Januar zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses verschlechtert. Die neueste Prognose geht nun von einem realen BIP-Wachstum im laufenden Jahr von 0,9% aus, nach einem Plus-Wert von 2,1% noch bei der letzten Prognose im Dezember. Für 2016 erwartet das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit +1,8% ebenfalls weniger als bei der letzten Prognose (+2,4%).
Allzu düster wird die Situation allerdings nicht gesehen. Zwar werde die Wechselkursaufwertung die Konkurrenzfähigkeit von Schweizer Firmen beeinträchtigen, dennoch sollten die aufgehellten Konjunkturperspektiven für Europa und der gefestigte Aufschwung in den USA diese negativen Effekte mildern, heisst es in einer Mitteilung des Seco vom Donnerstag.
Positive Zeichen aus den USA und dem Euro-Raum
So hätten sich etwa die kurzfristigen Konjunktur-Indikatoren mehrerer europäischer Länder seit Ende Sommer 2014 verbessert, wobei sich dieser Trend in den ersten Monaten 2015 fortgesetzt habe. Insgesamt mehrten sich jedenfalls die Anzeichen für eine leichte Beschleunigung im Euroraum in den kommenden Quartalen. Und auch aus den USA kämen positive Nachrichten zu Wachstum und Arbeitslosigkeit. Das Wachstum dort dürfte sich entsprechend von 2,4% im Jahr 2014 auf 3,2% für das laufende Jahr beschleunigen, meint das Seco. Etwas skeptischer ist man beim Seco, was die übrigen Weltregionen betrifft. Dort zeichne sich ein uneinheitlichen Bild ab, heisst es.
Ein weiterer positiver Effekt kommt vom billiger gewordenen Erdöl. Die seit Mitte 2014 deutlich gesunkenen Erdölpreise wirkten sich günstig auf die verfügbaren Einkommen und auf die Produktionskosten in den ölimportierenden Ländern aus. Für die Weltkonjunktur resultiere daraus ein stimulierender Effekt, so das Seco. Hier warnen die Bundesökonomen allerdings, dass sich die bestehenden Deflationsrisiken durch sinkenden Ölpreise verschärfen könnten.
Lediglich eine Konjunkturdelle
Aus heutiger Sicht dürfte es in der Schweiz demnach lediglich zu einer temporären Konjunkturdelle kommen. Obwohl sich die Schweizer Wirtschaft im ersten Quartal 2015 wegen des grossen Währungsschocks in einer ungewöhnlichen Situation befinde, erwarte man zum jetzigen Zeitpunkt keine über mehrere Quartale hinweg rückläufige Wirtschaftstätigkeit mit deutlich steigender Arbeitslosigkeit.
Bauwirtschaft schwach
Obwohl die allgemeine Konjunkturabkühlung moderat ausfalle, seien aber «gewisse Branchen oder einzelne Unternehmen momentan mit grossen Schwierigkeiten hinsichtlich der preislichen Konkurrenzfähigkeit konfrontiert», so das Seco wörtlich. Relativ pessimistisch ist das Seco etwa für die Bauwirtschaft: Die Bauinvestitionen dürften 2015 unabhängig vom Währungsschock um 1,5% zurückgehen und 2016 stagnieren, heisst es dazu.
Leicht höhere Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit dürfte laut Seco aufgrund der schlechteren Konjunkturperspektiven leicht ansteigen. Es prognostiziert nun eine durchschnittliche Quote von 3,3% für dieses Jahr (bisher: 3,0%) und von 3,4% (2,8%) für nächstes Jahr. Zuletzt lag die Rate im Februar bei 3,5% bzw. saisonbereinigt bei 3,2%.
Das Seco geht ausserdem für dieses Jahr von einer klar rückläufigen Teuerung aus (-1,0%), bisher war von +0,2% die Rede. Die Prognose für 2016 wurde dagegen nur leicht auf 0,3% (von 0,4%) gesenkt. Der Grund für die negative Inflation 2015 liege vor allem bei den tieferen Preisen für Erdölprodukte. Daneben werde aber auch der starke Franken einen deutlichen Einfluss auf die Inflationsentwicklung haben.
Diverse Konjunktur-Risiken
Als mögliche Konjunkturrisiken nennt das Seco vor allem weitere Aufwertungsschübe des Frankens, ein konjunktureller Rückschlag vor allem im Euroraum oder eine schwächere Entwicklung in den Schwellenländern, wobei diese Effekte sich auch positiver als erwartet entwickeln könnten. Die unsicheren politischen Rahmenbedingungen (v.a. bezüglich Verhältnis zur EU) bleiben laut dem Seco ebenfalls ein wesentlicher Risikopol für die Schweizer Wirtschaft. Erwähnt werden ausserdem der Immobilienmarkt und die Zinsentwicklung als mögliche Risiken.
Mit der aktuellen BIP-Prognose von 0,9% für das laufende Jahr steht das Seco im Bereich der zuletzt gemachten Schätzungen anderer wichtiger Prognoseinstitute. Diese gehen laut einer Zusammenstellung von AWP (nur Prognosen vom März) von einem realen BIP-Wachstum von 0,6% bis 1,0% aus. (awp/mc/pg)