Bern – In der Budgetdebatte im Nationalrat sind ganz unterschiedliche Prioritäten sichtbar geworden. Während die Ratslinke die steigenden Ausgaben für die Armee kritisierte, warnten die Bürgerlichen vor einer Aufweichung der Schuldenbremse.
SP-Fraktionssprecherin Sarah Wyss (BS) machte in der allgemeinen Debatte zum Budget am Dienstagmorgen die vom Parlament beschlossenen Mehrausgaben für die Armee verantwortlich für die schwierige Haushaltslage des Bundes. Es handle sich um eine «»einseitige Ad-hoc-Erhöhung «.
Erst nach diesem Beschluss habe der Bundesrat eine Querschnittkürzung über alle Bereiche mit Ausnahme der Armee vorgenommen, so Wyss. Daraufhin habe die Finanzkommission des Nationalrats bemerkt, dass eine solche Kürzung wehtue – und diese für die Landwirtschaft Rückgängig gemacht, um stattdessen bei Flüchtlingen und bei der Regionalpolitik zu sparen: «Das ist nicht unsere Finanzpolitik!»
«Wir müssen uns schämen»
Ähnlich äusserten sich die Grünen: Das Instrument der Schuldenbremse müsste überdacht werden, sagte Felix Wettstein (SO). Im internationalen Vergleich habe die Schweiz eine extrem tiefe Verschuldung.
Die Nationalratskommission habe die Vorlage des Bundesrats sogar noch verschlechtert, kritisierte Wettstein «Aufrüsten der Armee, Zufüttern der Landwirtschaft, Kürzen bei der Sozialhilfe: Was ist das für ein Signal? Was ist das für ein Land? Ich finde, wir müssen uns schämen.»
SVP-Fraktionssprecher Lars Guggisberg warf den anderen Parteien dagegen eine «hemmungslose und verantwortungslose» Ausgabenpolitik vor.
«Wir befinden uns finanzpolitisch im Dauerregen», sagte der Berner Nationalrat. Bei sozialer Wohlfahrt und Entwicklungspolitik habe das Parlament mit immer grösserer Kelle angerichtet. Dagegen seien Landwirtschaft und Landesverteidigung vernachlässigt worden.
Schuldenbremse «nicht verhandelbar»
Guggisberg forderte, auf Experimente zur Umgehung der Schuldenbremse zu verzichten. Auch FDP-Fraktionssprecher Alex Farinelli sagte, für seine Partei sei die Schuldenbremse nicht verhandelbar.
Die Schweizer Finanzpolitik müsse zu einer «gewissen Normalität» zurückkehren, so der Tessiner Nationalrat. Die letzten Jahre mit hohen ausserordentlichen Ausgaben hätten die verfassungsrechtlichen Limiten in der Finanzpolitik vergessen lassen. Es sei klar, dass es so nicht weitergehen könne.
Der Ständerat hatte am Dienstag dafür votiert, die Ausgaben für die Landwirtschaft, den Regionalverkehr und die Regionalpolitik gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats erheblich aufzustocken. Alles in allem resultierte aus den Beschlüssen ein strukturelles Defizit von gut 66 Millionen Franken – was die Schuldenbremse eigentlich nicht zulässt.
Kritik am Ständerat
Was die Entscheide der kleinen Kammer angeht, wurden in der Debatte unterschiedliche Haltungen sichtbar. Der Ständerat werde oft als chambre de réflexion bezeichnet, bemerkte Peter Schilliger (FDP/LU): «Die chambre ist geblieben, die réflexion vermisse ich jedoch.»
Etwas andere Akzente setzte die Mitte. Zwar forderte auch sie Ausgabendisziplin. «Während Corona war Klotzen angesagt, es gab eine Nonchalance», sagte Markus Ritter (SG) namens der Mitte-Fraktion. Philipp Matthias Bregy (VS) verteidigte jedoch als zweiter Fraktionssprecher die Entscheide der kleinen Kammer.
Bregy sprach von Korrekturen des Ständerats. Man werde, schaue man die Vorlage des Bundesrats an, den Eindruck nicht los, dass bei Landwirtschaft, Regionalverkehr und Regionalpolitik leichthin gekürzt oder auf Erhöhungen verzichtet werden solle. Dies alles seien jedoch Themen, die für den Zusammenhalt des Landes wichtig seien.
Ruf nach klaren Prioritäten
GLP-Fraktionssprecher Martin Bäumle (ZH) forderte klare Prioritäten in der Finanzpolitik. Dabei gehe es primär nicht um Kürzungen, sondern darum, das Ausgabenwachstum stärker zu dämpfen.
Zugleich unterstrich der Zürcher Nationalrat, die Bundesfinanzen seien derzeit noch im Lot. Als Bereiche, in denen in Zukunft Investitionen nötig sein würden, nannte Bäumle unter anderem die Bewältigung des Klimawandels, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und den Wiederaufbau der Ukraine. (awp/mc/ps)