Bern – Nach einem leichten Rückgang der Prämien für das laufende Jahr dürften Krankenversicherte im nächsten Jahr wohl wieder stärker belastet werden. Ohne genaue Zahlen zu nennen, ist für den Bund klar: Die höheren Kosten werden sich in höheren Prämien abbilden.
Das sagte Thomas Christen, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Gesundheit (BAG), am Dienstag an einem Mediengespräch. In welcher Grössenordnung die Prämien steigen werden, sei jedoch noch unklar. Verschiedene Faktoren, welche die Prämien für 2023 beeinflussten, seien noch nicht bezifferbar.
Ende Januar hatte bereits der Krankenkassen-Dachverband Santésuisse vor Prämienerhöhungen wegen gestiegener Kosten bei der Grundversicherung gewarnt. Der Anstieg der Gesundheitskosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) betrug im Jahr 2021 demnach 5,1 Prozent pro versicherte Person. Das ist so viel wie seit 2013 nicht mehr.
Behandlungen werden nachgeholt
Über kurz oder lang müssen die Krankenkassenprämien die Gesundheitskosten decken. So sieht es das System vor. Bei kleinem bis keinem Kostenwachstum steigen auch die Prämien weniger stark oder sinken sogar. Für das laufende Jahr gab es praktisch eine Nullrunde. Die Krankenkassenprämien sanken im Vorjahresvergleich im Mittel um 0,2 Prozent.
Das hatte auch mit der Pandemie zu tun. Einerseits untersagte der Bundesrat während Monaten nicht dringliche Operationen. Andererseits waren auch die Patienten zurückhaltender mit Behandlungen.
Im vergangenen Jahr stiegen die Gesundheitskosten wieder stark an. Christen sprach unter anderem von einem «Nachholeffekt» von verschobenen Behandlungen. Er rechnet auch für 2022 mit einem überproportionalen Anstieg der Gesundheitskosten gegenüber den Löhnen.
Massnahmen im Parlament umstritten
Um die Belastung für die Bevölkerung in Grenzen zu halten, braucht es laut dem Bund Massnahmen. «Wir müssen alles unternehmen, um die Entwicklung zu dämpfen», sagte Christen. In den vergangenen Jahren sei dies teilweise gelungen.
Ein erstes Kostendämpfungspaket wird derzeit umgesetzt. Ein zweites wird vom Parlament beraten. Ein drittes soll im zweiten Halbjahr 2022 vorgestellt werden. Klar ist bereits: Nicht alle vom Bundesrat vorgeschlagenen Instrumente stossen auf Anklang. So scheiterte unter anderem ein Referenzpreissystem für Generika.
Auch der vom Bundesrat skizzierte indirekte Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte stösst in der zuständigen Nationalratskommission auf Skepsis. Sie will keine Kostenzielvorgaben machen. Die Mehrheit befürchtet, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten darunter leiden könnte.
Christen vom BAG winkt ab: «Die Kostenziele würden die Versorgung nicht gefährden.» Beispielweise sehe der Bundesrat keinen Automatismus vor, wonach Behandlungen nicht mehr gemacht werden dürften, sobald das Kostenziel überschritten wäre. Entscheiden wird schliesslich das Parlament.
Alle können etwas tun
Gefragt ist laut Christen aber auch die Eigenverantwortung aller. «Patientinnen und Patienten sollten nur tun, was nötig ist.» Zwar sei es nicht an einer Behörde, zu definieren, welche Leistungen angemessen seien und welche nicht. Die Leistungserbringer seien aber in der Pflicht, entsprechende Listen zu definieren.
Der Bund selbst wird weitere Massnahmen zur Kostendämpfung umsetzen. So werden insbesondere die Laborpreise analysiert. Christen kündigte an, dass es in diesem Bereich Kürzungen geben werde im laufenden Jahr.
Bereits seit längerem überprüft der Bund die rund 3000 Medikamente auf der sogenannten Spezialitätenliste – jeweils tausend jedes Jahr. Diese Arbeit sei ressourcenintensiv, sagte Christen auf die Frage eines Journalisten, ob der Überprüfungsrhythmus nicht auch erhöht werden könnte. (awp/mc/pg)