Mittlere Krankenkassenprämie steigt 2019 um 1,2 Prozent

Bern – Die mittlere Prämie für alle Versicherten steigt 2019 um durchschnittlich 1,2 Prozent. Mit der bisher zur Berechnung angewendeten Standardprämie liegt die Zunahme bei 2,7 Prozent. Für Gesundheitsminister Alain Berset geht die Entwicklung in die richtige Richtung. Dafür gibt es verhaltenen Applaus.

Die für die Berechnungen neu berücksichtigte mittlere Prämie entspricht der durchschnittlichen Prämienbelastung pro Person und reflektiert gemäss einer Mitteilung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vom Montag die effektiv bezahlten Prämien besser als die bisher angewendete Standardprämie.

Diese galt nur für Erwachsene mit 300 Franken Franchise und Unfalldeckung. Diese Prämie wird jedoch laut BAG heute nur noch von knapp jeder fünften erwachsenen Person gewählt und ist nicht mehr repräsentativ. Von der neuen Berechnungsmethode verspricht sich der Bundesrat eine bessere Kostenwahrheit, wie Berset am Montag vor den Medien erklärte.

Sowohl nach neuer als auch nach bisheriger Berechnung liegt die Prämienerhöhung deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. So stieg seit 2008 die mittlere Prämie jährlich um 3,5 Prozent, seit Inkrafttreten der obligatorischen Krankenversicherung im Jahr 1996 sogar um durchschnittlich 3,9 Prozent pro Jahr.

Den Anstieg der mittleren Prämie um durchschnittlich 1,2 Prozent wertete Berset als Zeichen für die gute Arbeit des Bundesrates und des Parlaments in den letzten Jahren.

Entlastung für junge Erwachsene
Eine gute Nachricht hatte Berset für die jungen Erwachsenen und ihre Familien. Diese bezahlen nächstes Jahr im Schnitt rund 50 Franken oder 15,6 Prozent weniger Prämie. Hintergrund ist der Entscheid des Parlaments, Familien zu entlasten und deshalb den Risikoausgleich für junge Erwachsene um 50 Prozent zu senken. Im Gegenzug wird der Risikoausgleich bei Erwachsenen erhöht.

Die mittlere Prämie über alle Altersklassen liegt 2019 bei 315 Franken. Die Standardprämie für Erwachsene ab 26 Jahren gemäss alter Berechnungsbasis kostet neu 478 Franken (2018: 465 Franken). Das ergibt eine Steigerung der Prämien nach altem Modell von 13 Franken oder 2,7 Prozent.

In sechs Kantonen (AI, AR, FR, GL, UR, ZG) müssen die Versicherten durchschnittlich ein halbes Prozent mehr Prämie bezahlen. In vier Kantonen (JU, NE, TI, VS) schlagen diese Kosten mit einem Plus von über zwei Prozent zu Buche. Im Gros der Kantone liegt der Aufschlag zwischen 0,5 und 2 Prozent, wie das BAG mitteilt.

Zusätzliche Anstrengungen nötig
Weil die Kosten aber weiter steigen werden, sind laut Berset zusätzliche Anstrengungen notwendig. Es dürfe nicht sein, dass ein Teil der Bevölkerung Mühe habe, die Krankenkassenprämien zu bezahlen.

Im September hat der Bundesrat ein erstes Massnahmenpaket in die Vernehmlassung geschickt, das bei der obligatorischen Krankenversicherung Einsparungen von jährlich mehreren 100 Millionen Franken vorsieht. Ein zweites Paket ist für 2019 geplant.

Vage blieb der Gesundheitsminister bei den letztes Jahr beschlossenen Korrekturen am Ärztetarif Tarmed. Die finanziellen Auswirkungen liessen sich noch nicht abschätzen. Ein Prämienschock, wie er von verschiedenen Akteuren heraufbeschworen worden war, sei aber ausgeblieben.

Trend wird begrüsst – und relativiert
Der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), Thomas Heiniger (FDP), sagte gegenüber der Agentur Keystone-SDA, die Kantone würden ihre Aufgaben machen; bei ihnen sei der Sparerfolg am grössten. Er warnte vor weiteren Kostenexplosionen.

Für den Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) und für den Krankenkassenexperten Felix Schneuwly ist der Systemwechsel zur mittleren Prämie bei der Berechnung der Krankenkassenprämien überfällig. Allerdings ziehen sie unterschiedliche Schlüsse.

Der Prozentwert von 1,2 liege näher an der realen Kostenentwicklung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, schreibt der FMH am Montag in einer Medienmitteilung. In den vergangenen Jahren sei die Prämienerhöhung nämlich durchgehend höher ausgefallen als die reale Kostenentwicklung dies erfordert hätte.

Der Comparis-Krankenkassenexperte Schneuwly schreibt in einer Mitteilung, die tiefe Prämienerhöhung widerspiegle nicht den effektiven Anstieg der Gesundheitskosten. Er erwartet, dass aufgrund des bundesrätlichen Tarmedeingriffs auf Anfang 2018 grosse Zahlungsrückstände aus Arztpraxen und aus dem ambulanten Bereich der Spitäler die Prämienprognosen der Kassen und die Genehmigung durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erschwert haben.

Dies wiederum relativiert Curafutura, der Zusammenschluss der Krankenversicherer CSS, Helsana, Sanitas und KPT: der äusserst gemässigte Prämienanstieg sei das Resultat des Eingriffs des Bundesrats in den ambulanten Ärztetarif (Tarmed), schreibt er in einer Mitteilung. (awp/mc/ps)

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