Schindellegi – Logistiker wie Kühne+Nagel müssen in einer sich ständig verändernden Welt navigieren. Auf einen Stillstand des Welthandels während Corona folgte ein Nachholboom, der schon bald wieder abkühlte. Zuletzt ist nun der Schiffsverkehr im Suezkanal wegen der Huthi-Angriffe drastisch eingebrochen.
Viele Frachter fahren seither lange Umwege. Dem stand im zweiten Quartal 2024 eine Erholung der Nachfrage nach Schifftransporten gegenüber, sagte Kühne+Nagel-Chef Stefan Paul am Dienstag an einer Telefonkonferenz. «Damit fehlten nicht nur Container, sondern auch Schiffskapazität», sagte er. Das Resultat waren stark steigende Frachtraten.
In den Zahlen von Kühne+Nagel hat sich dies aber (noch) nicht niedergeschlagen: Der Nettoumsatz nahm von Januar bis Juni um 9 Prozent auf 11,6 Milliarden ab und der um die volatilen Frachtraten bereinigte Rohertrag um 8 Prozent auf 4,3 Milliarden Franken.
In der Folge verschlechterten sich auch die Gewinnzahlen. Der operative Gewinn (EBIT) ging um 32 Prozent auf 778 Millionen Franken zurück und der Reingewinn um 33 Prozent auf 576 Millionen. Belastet haben neben Wechselkurseffekten auch Restrukturierungskosten.
Höhere Profite in Sicht
Firmenchef Paul verspricht nun Verbesserung: «Die höheren Frachtraten sind jetzt durchverhandelt und an die Kunden weitergegeben» sagte er. Er rechne nun in bis zum Jahresende mit steigenden Volumen und besseren Gewinnzahlen in der Seefracht. Diese steht für fast 70 Prozent des Betriebsgewinns der Gruppe.
Eine komplizierte Welt ist an sich etwas, das die Kühne+Nagel-Manager mögen. «Dann haben wir die Möglichkeit, unseren Kunden Zusatzleistungen mit höherem Bruttonutzen für uns zu verkaufen», sagte Finanzchef Markus Blanka-Graff.
Ein typisches Beispiel dafür sei die Kombination eines Transports via Schiff und Flugzeug für die Kunden, die sich nicht mit den längeren Frachtzeiten abfinden können oder wollen. Die Nachfrage nach kombinierten Angeboten sei zuletzt stark gestiegen – und auch dieser Trend werde wohl anhalten.
Reshoring-Trend macht keine Sorgen
Die Schwäche der chinesischen Konjunktur war nach Angaben von Paul «kaum spürbar» für Kühne+Nagel. Die Binnennachfrage in dem Land sei zwar aktuell schwach, sagte er. Doch der Produktionsstandort China bleibe weiterhin sehr wichtig – und damit auch die Ausfuhren aus dem Land.
Auch mit dem Trend zum Re- oder Nearshoring könne Kühne+Nagel als weltweit tätiges Unternehmen gut umgehen. «Ob eine Fracht von Mexiko oder Vietnam statt von China aus verschifft wird, ist dann unwichtig», sagte er.
An der Börse gibt es gleichwohl Gegenwind für Kühne+Nagel: Gegen 11 Uhr fallen die Papiere in einem gehalten Gesamtmarkt um rund 1 Prozent – sie bleiben damit das SMI-Schlusslicht in 2024.
Die Zahlen hätten ziemlich genau in den Erwartungen gelegen, sagten Börsianer. Zudem wird darauf verwiesen, dass die Papiere in 2023 um satte 35 Prozent zugelegt hatten. (awp/mc/ps)