Kühne+Nagel kommt sehr gut durch das Krisenjahr 2020
Schindellegi – Kühne+Nagel hat das Krisenjahr 2020 erfolgreich bewältigt. Der Logistikdienstleister hat nach pandemiebedingt schwierigen Monaten im vierten Quartal wieder zum Wachstumskurs zurückgefunden. Die Normalisierung des Tagesgeschäfts lässt aber auf sich warten.
Logistiker sorgen dafür, dass Waren pünktlich von A nach B transportiert werden. Das ist aber schwierig, wenn pandemiebedingt kaum Flugzeuge abheben, die Fracht mitnehmen können, und es gleichzeitig an Seefrachtcontainern mangelt, weil diese lange in den Häfen auf ihre Abfertigung warten müssen.
«2020 war ein Achterbahnjahr und wir haben gut hindurchgesteuert», resümierte Konzernchef Detlef Trefzger am Mittwoch vor den Medien. Das Jahr sei von erheblicher Planungsunsicherheit geprägt gewesen und Geschäftsprozesse hätten laufend angepasst werden müssen. Gleichzeitig habe die Logistik in der Pandemie ihre Systemrelevanz bewiesen.
90% weniger Flieger
«Die Luftfracht hat sich als wichtigste Transportlösung in einer Pandemie erwiesen», sagte Trefzger. Üblicherweise geben die Logistiker ihre Fracht mit in den Bauchraum grosser Passagierflugzeuge – «Belly Flight» genannt. Weil viele Flieger heute aber am Boden stehen, ist die Frachtraumkapazität laut Trefzger um 90 Prozent gesunken.
Daher mussten neue Lösungen her – etwa Flieger ganz chartern oder Passagier- zu reinen Frachtfliegern umbauen. Der Preis dafür: Für ein Kilo Fracht wird nun deutlich mehr verlangt. Kühne+Nagel konnte sich daher auf «höherwertige» Fracht konzentrieren, was sich in einem 53 Prozent höheren Segments-Betriebsgewinn niederschlug.
Fehlende Container
In der Paradedisziplin Seefracht – Kühne+Nagel ist dort Marktführer – hemmten zuletzt fehlende Container den in der zweiten Jahreshälfte erwachten Welthandel. Die Engpässe rühren von den Corona-Sicherheitsmassnahmen her. «An der US-Westküste etwa warten Schiffe heute 16 Tage im Hafen, bis die Container entladen werden können» sagte Trefzger. Container, die händeringend gesucht werden.
Kühne+Nagel war daher auch zur See deutlich selektiver bei der Annahme von Aufträgen, was gegen Jahresende wieder zu einem deutlich höheren Ertrag führte. In der Summe jedoch schrieb dieser Bereich weniger Gewinn.
Rekord-EBIT
Insgesamt sank der Nettoumsatz im Berichtsjahr um 3,4 Prozent auf 20,4 Milliarden Franken. Die Kosten hatte Kühne+Nagel gleichzeitig gut im Griff. Daher stieg der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) um 0,8 Prozent auf 1,07 Milliarden und der Reingewinn sank nur um 1,4 Prozent auf 789 Millionen.
Auch 2021 dürfte nach Ansicht des Managements kein einfaches Logistikjahr werden. Es sei absehbar, dass zumindest in der ersten Jahreshälfte 2021 der Wettbewerb um die knappen Kapazitäten hoch bleiben werde.
Kühne+Nagel gibt sich aber «zuversichtlich» für das Geschäftsjahr 2021. Der Optimismus gründet nicht zuletzt auf der gerade erst angekündigten Übernahme des chinesischen Mitbewerbers Apex, der Kühne+Nagel in der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregion Asien verstärken soll.
Die Börsianer honorierten die guten Ergebnisse sowie eine höhere Dividende mit einem Kursplus von 7,1 Prozent. (awp/mc/pg)