Schindellegi – Der Logistikkonzern Kühne+Nagel spürt erste Anzeichen einer globalen konjunkturellen Abkühlung. Für diese sieht sich das Unternehmen aber gewappnet.
Der Welthandel läuft wegen der Energiekrise, der Teuerung und einer vermuteten Zurückhaltung der Konsumenten nicht mehr rund. «Auch bei uns gingen in der Seefracht die Volumen zuletzt zurück», sagt Finanzchef Markus Blanka-Graff. Die Seefracht steuert rund die Hälfte zum gesamten Umsatz bei.
Dazu kam, dass die Häfen wegen dieser Volumenrückgänge weniger verstopft waren. Dies ist für Kühne+Nagel nicht nur eine positive Nachricht. Denn Warenströme zu organisieren, war wegen der Lieferkettenprobleme zuvor aufwändiger und damit für die Kunden teurer. Die Mitarbeitenden von Kühne+Nagel mussten kurzfristig alternative Routen finden und die Waren öfter umladen – gegen gutes Geld, versteht sich.
Erst spät im Quartal
In den Q3-Zahlen seien die Folgen dieser Veränderungen aber noch überschaubar gewesen, so der CFO. Denn sie hätten sich erst gegen Ende Quartal akzentuiert. So konnte das Unternehmen am Dienstag denn auch das beste Neunmonatsergebnis der Firmengeschichte feiern.
Es resultierte eine Umsatzsteigerung um 40 Prozent und eine Gewinnsteigerung um sogar 73 Prozent. Im dritten Quartal allein nahm der Nettoumsatz um 16 Prozent auf 9,97 Milliarden Franken zu. Und der Rohertrag stieg um 7 Prozent auf 2,71 Milliarden. Mit dieser Zahl wird ausgedrückt, wie viel Geld bei Kühne+Nagel bleibt, nachdem die oft schwankenden Frachttarife der Reeder und Fluggesellschaften beglichen wurden.
In der Folge verbesserten sich auch die Gewinnzahlen markant. Der operative Gewinn (EBIT) nahm um 17 Prozent auf 924 Millionen und der Reingewinn um 19 Prozent auf 688 Millionen Franken zu. Die Konversionsrate, die das Verhältnis von EBIT zu Rohertrag beschreibt, lag im dritten Quartal mit 34,1 Prozent rsp. 36,2 Prozent nach neun Monaten weit über dem langfristig gesetzten Durchschnittsziel von 16 Prozent.
Keine dramatischen Veränderungen
Einen konkreten Ausblick auf die nächsten Monate gab das Unternehmen wie üblich nicht. Der CFO konkretisierte jedoch, dass er etwa bei der Seefracht-Marge trotz der Volumenrückgänge im Schlussquartal keine dramatischen Veränderungen erwarte.
Und für den Bereich Luftfahrt hat er sogar ein «Positiv-Szenario»: «Alle gehen aktuell davon aus, dass wegen der Inflation und der Energiekrise dieses Jahr kaum ein Weihnachtsgeschäft stattfindet.» Sollten sich dann aber im November und Dezember besser als erwartete Feiertagsgeschäfte abzeichnen, könnte es zu «Notbestellungen» kommen. Und diese müssten dann, weil es eilt, per Luftfracht transportiert werden – statt schon jetzt mit der günstigeren Seefracht.
«Kühne+Nagel ist in der langen Firmengeschichte durch viele Zyklen gegangen», relativierte der Finanzchef zudem den sich abzeichnenden Abschwung. «Wir wissen, was wir tun müssen.»
Dies sehen einige Analysten auch so: «In so turbulenten Zeiten kann Kühne aus unserer Sicht die breite Aufstellung als Wettbewerbsvorteil weiter gut ausspielen und weiter Marktanteile gewinnen», meint etwa der Experte der ZKB. (awp/mc/ps)