Schindellegi – Der Logistikdienstleister Kühne+Nagel ist im ersten Halbjahr 2017 zwar gewachsen, das Geschäft war insgesamt aber etwas weniger profitabel. Der Grund liegt im unter Margendruck stehenden Seefrachtgeschäft. Im grossen und ganzen wurden die Markterwartungen aber erfüllt. In einem rauen Geschäftsumfeld war der Konzern sogar auf Einkaufstour. An der Börse kommen die News insgesamt gut an, die Aktie ist so teuer wie noch nie.
Im Zeitraum von Januar bis Juni stieg der Nettoumsatz um 8,2% auf 8,82 Mrd CHF, wie der Konzern am Dienstag mitteilt. Der für ein Logistikunternehmen aussagekräftigere Rohertrag legte aber lediglich um 3,7% auf 3,38 Mrd zu.
Beim operativen Gewinn auf Stufe EBIT wurde gar ein leichter Rückgang um 0,7% auf 452 Mio CHF verzeichnet. Verantwortlich ist das Seefrachtgeschäft. Hier resultierte ein Rückgang um 10% auf 198 Mio CHF – trotz einem Volumenwachstum von 7,7% ,das laut Kühne+Nagel über dem Markt lag. Die Konversionsmarge, die das Verhältnis von EBIT zu Rohertrag ausdrückt und eine wichtige Profitabilitätskennzahl in der Branche ist, verringerte sich auf 28,8% – für den Musterschüler Kühne+Nagel ein schlechter Wert. Im Vorjahreszeitraum lag der Wert bei 31,3% und damit über der firmeneigenen Zielvorgabe von 30%.
Knappe Transportkapazitäten sorgen für Margendruck
Für den Margendruck verantwortlich ist der starke Frachtratenanstieg in Folge der durch die Pleite der südkoreanischen Reederei Hanjin im letzten Herbst ausgelösten Verknappung der Transportkapazitäten. Da die Verträge mit den Reedereien Laufzeiten von bis zu einem Jahr haben, können die Logistikdienstleister abrupte Preisschwankungen nur bedingt an ihre Kunden weitergeben.
Im zweiten Quartal wurden im Vergleich zum ersten aber Verbesserungen erzielt. So stieg der EBIT um 13% und auch bei der Konversionsmarge resultiert eine Verbesserung auf 30,0%. Finanzchef Markus Blanka-Graff wollte gegenüber AWP aber noch keine Entwarnung geben. Das Umfeld sei zwar stabiler geworden, es werde sich aber zeigen, wie weit man die Margen im dritten Quartal nach oben treiben könne.
In den anderen drei Geschäftsbereichen konnte Kühne+Nagel das EBIT jeweils steigern, wobei vor allem das einstige Sorgenkind Landverkehr stark abschnitt (29 Mio vs. 17 Mio CHF).
Der den Aktionären anrechenbare Konzerngewinn entwickelte sich mit 355 Mio CHF stabil. Mit den Zahlen schneidet der Konzern im Rahmen der Analystenerwartungen ab.
Zukauf im Bereich verderbliche Waren
Daneben hat Kühne+Nagel das Luftfrachtgeschäft im Bereich verderbliche Waren mit zwei Übernahmen ausgebaut: der US-amerikanischen Commodity Forwarders sowie der kenianischen Trillvane. Dabei ist Commodity Forwarders ein relativ grosser Brocken. «Diese Übernahme wird sich auf unser Luftfrachtgeschäft in den USA insgesamt signifikant auswirken», sagte Blanka-Graff. «Mit einem Umsatz von rund 200 Mio USD ist das Unternehmen einer der ganz Grossen in den USA und zudem sehr spezialisiert.» Bei Trillvane handle es sich um eine Arrondierung.
Wie viel man für die beiden Unternehmen auf den Tisch gelegt hat, liess sich Blanka-Graff nicht entlocken. «Wir sind bekannt dafür, dass wir nicht extrem teuer einkaufen», gab er lediglich zu verstehen.
Die Guidance für 2017 gilt unverändert, wie Blanka-Graff bestätigte. Demzufolge peilt Kühne+Nagel weiterhin eine EBIT-Marge von mindestens 5% an. Diesbezüglich ist man auf Kurs: Im ersten Halbjahr kam sie bei 5,1% zu liegen.
An der Börse sind Kühne+Nagel am Dienstag die grossen Gewinner. Bis Börsenschluss legten die Papiere 3,4% auf 167.80 Franken zu – ein Allzeithoch. Seit Jahresbeginn steht der Titel rund 21% im Plus und hängte damit den Gesamtmarkt ab. Kühne+Nagel bleibe in einem unverändert rauen Geschäftsumfeld auf Wachstumskurs, heisst es bei Baader Helvea. Die Margen hätten zwar im gesamten Halbjahr weiter unter Druck gestanden, aber begonnen, sich zu stabilisieren, so die UBS. (awp/mc/upd/ps)