Kuoni: Europäisches Reiseveranstalter-Geschäft geht an Rewe

Heinz Karrer

Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer. (Foto: Economiesuisse)

Kuoni-VRP Heinz Karrer. (Foto: Economiesuisse)

Zürich – Weil sich der Kuoni-Konzern neu positionieren will, hat er das Geschäft mit der Organisation und dem Vertrieb von Reisen für Privatpersonen zum Verkauf gestellt. Einig geworden ist Kuoni nun mit dem deutschen Rewe-Konzern. Dieser übernimmt das ganze europäische Reiseveranstaltergeschäft.

Zusammen mit den Kuoni-Aktivitäten in Grossbritannien, Skandinavien und den Benelux-Ländern werden die Kuoni-Reisebüros in der Schweiz und die zahlreichen Kuoni-Reiseveranstalter wie etwa Helvetic Tours oder Railtour inskünftig von Deutschland aus dirigiert. Für die Kunden ändern dürfte sich dadurch nicht viel.

Denn die unter dem Namen DER Touristik firmierende Rewe-Tochter wird nach eigenen Angaben alle Aktivitäten weiterführen – und zwar weiterhin unter dem Namen Kuoni. Im Kaufpreis in nicht genannter Höhe ist die Nutzung der Marke Kuoni in der Schweiz und in Grossbritannien inbegriffen.

«Für Kuoni als Eigentümerin geht eine Geschichte zu Ende – nicht zu Ende ist sie aber für Kuoni Schweiz und die Mitarbeiter», sagte Peter Meier, Chef des Kuoni-Konzerns, am Montag vor den Medien. Wie lange DER die Marke nutzen darf, wurde indes nicht preisgegeben. Meier liess sich einzig entlocken, dass es sich um eine «sehr, sehr lange Zeitspanne handle».

Mehr Verhandlungsmacht
DER ist nach eigenen Angaben der zweitgrösste Reiseanbieter in Deutschland. Mit Exim Tours gehört dem Unternehmen zudem der führende Reiseveranstalter in Tschechien, der auch in Polen, in der Slowakei und in Ungarn tätig ist. Total machte DER Touristik vergangenes Jahr 4,9 Mrd EUR Umsatz.

Mit den vier Kuoni-Ländergesellschaften wird der Umsatz von DER nun auf rund 7 Mrd EUR ansteigen. Die Gästezahl erreicht damit jährlich 7,7 Mio. Dies offenbart auch einen Grund, weshalb das Kuoni-Reiseveranstaltergeschäft für DER interessant war: das Volumen.

Beim Einkauf von Flügen und Hotelkapazitäten wird DER inskünftig ein grösseres Gewicht haben. DER-Chef Sören Hartmann sprach denn auch von Skalierungseffekten. Zu einem Stellenabbau wird es aber zumindest vorerst nicht kommen. DER übernimmt alle 2’350 Mitarbeitern der Kuoni-Gesellschaften und alle Aktivitäten. Alleine bei Kuoni Schweiz sind es rund 1’000 Mitarbeiter und mehr als ein Dutzend Marken.

Marktstruktur bleibt gleich
Während DER mit der Transaktion neu auch in Grossbritannien, Skandinavien und den Benelux-Ländern Fuss fasst, war das Unternehmen in der Schweiz bereits präsent. Zusammen mit Coop betreibt es seit 2006 das Joint Venture ITS Coop Travel. Dieses vertreibt Reisen hauptsächlich über die Vertriebskanäle des Detailhändlers.

Da die Kuoni-Aktivitäten nun in die Hände von DER fallen, dürfte sich am Gefüge des Schweizer Marktes vorerst nicht viel ändern. Vermutlich wäre das anderes gewesen, hätte beispielsweise die Migros-Tochter Hotelplan das Reiseveranstaltergeschäft von Kuoni kaufen können. Hotelplan hatte im Januar Interesse angemeldet.

Weil Hotelplan aber schon selbst über ein Reisebüro-Netz und für alle grösseren Geschäftsfelder über eigene Angebote verfügt, hätte eine solche Übernahme den Schweizer Markt wohl umgekrempelt. Nun aber bleibt vieles wie bisher: Am Montag jedenfalls zeigten sich sowohl Kuoni-Konzernchef Meier als auch DER-Chef Hartmann zuversichtlich, dass die Wettbewerbsbehörden den Deal einfach durchwinken werden.

Faktisch vollzogen werden soll die Übernahme bereits im August oder September dieses Jahres.

An bisheriger Dividendenpolitik wird festgehalten
Dem Kuoni-Konzern, der sich mit der Transaktion von jener Tätigkeit trennt, mit der er gross geworden ist, drückt der Verkauf des europäischen Veranstaltergeschäfts vorerst mal auf die Zahlen. Gemäss Communiqué wird das Ergebnis des laufenden Jahres um rund 180 Mio CHF reduziert. Darin enthalten sind insbesondere auch Abschreiber auf Goodwill.

Zusätzlich müssten bei Abschluss der Transaktion die aufgelaufenen Währungsumrechnungsverluste von 164 Mio CHF (per Ende Mai 2015) verbucht werden. An der bisherigen Dividendenpolitik einer Ausschüttung von 40 bis 45% des den Aktionären zurechenbaren Konzernergebnis aus fortgeführten Aktivitäten soll festgehalten werden.

Verkauf unter Buchwert
Damit hat Kuoni das Geschäft offensichtlich unter Buchwert verkaufen müssen. Im Januar war man noch davon ausgegangen, dass der Verkauf nicht zu Verlusten führen würde. Noch ausstehend ist momentan der Verkauf des Outbound-Geschäfts in Indien und Hongkong. Ziel ist es, für diese beiden Ländergesellschaften bis Ende Jahr einen Käufer zu haben.

Konzernchef Meier betonte aber mehrfach, dass nicht die Höhe des Übernahmepreises alleine das ausschlaggebende Kriterium gewesen sei, sondern auch die übrigen Verkaufsbedingungen. Mit dem Verkauf aller europäischen Ländergesellschaften an nur einen Käufer dürfte die geplante Fokussierung des Unternehmens nun immerhin relativ rasch und schlank bewerkstelligt werden können.

Aktien legen zu
Der Kurs der Kuoni-Aktie hat am Montagmorgen nach Bekanntgabe der Transaktion deutlich angezogen, im Handelsverlauf aber wieder einen Teil der Gewinne eingebüsst. Bis gegen 16.30 Uhr werden die Titel um 1,4% höher bei 281 CHF gehandelt. Anfang März hatten die Titel noch gut 350 CHF gekostet.

Analysten loben in Kommentaren die rasche Umsetzung der Fokussierungsstrategie bei Kuoni, setzen aber hinter den nicht publizierten Verkaufspreis gewisse Fragezeichen. ZKB-Analyst Marco Strittmatter schätzt den Kaufpreis für die europäischen Aktivitäten etwa auf 120 Mio bis 130 Mio CHF, womit seine Erwartungen diesbezüglich nicht ganz erfüllt worden seien. (awp/mc/upd/ps)

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