Bern – Die SBB haben ihre Halbjahreszahlen im Schatten des für 2020 angekündigten Rücktritts von CEO Andreas Meyer präsentiert. Das Konzernergebnis betrug 279 Millionen Franken (2018: 292 Millionen Franken). Das Unternehmen konnte deutlich mehr Passagiere befördern.
Die SBB haben Unglaubliches unter anspruchsvollen Bedingungen geleistet, wie Meyer nach der Ankündigung seines Rücktritts vor den Medien in Bern sagte. So wurden täglich im Personenverkehr 1,29 Millionen Passagiere transportiert. Der Zuwachs von 3,9 Prozent sei der grösste, den die SBB je hatten, sagte Meyer. 1900 Extrazüge waren für Grossveranstaltungen wie die Fête des Vigneron oder das Schwing- und Älplerfest unterwegs.
Nebst einem Grundwachstum im Personenverkehr sei das Wachstum auf die vermehrt angebotenen Sparbillette zurückzuführen. Das gute Halbjahresergebnis gebe den SBB Handlungsspielraum, so seien weitere Preissenkungen im Umfang von zusätzlich 60 Millionen Franken vorgesehen.
Personal wird belohnt
Die betriebliche Lage bleibe weiterhin anspruchsvoll, sagte Meyer. Es fehle an Rollmaterial – die verzögerten FV-Dosto-Züge von Bombardier machen den SBB zu schaffen. Aber auch beim Personal herrsche eine «anspruchsvollen Ressourcensituation», insbesondere bei den Lokführern und Zugbegleitern.
SBB-Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar sagte, die SBB seien auf Kurs. Man sei sich aber auch der Probleme bewusst, wie zum Beispiel des fehlenden Dosto-Zugs. «Wir tun alles dafür, dass wir ihn bald in den Einsatz nehmen können.»
Dann sei zusätzlich der tragische Unfall vom 4. August dazugekommen, sagte Meyer weiter. Hier wolle man den Dingen auf den Grund gehen und keinen Spekulationen nachjagen. Bei diesem Unfall wurde ein 54-jähriger Zugchef bei der Abfahrt aus dem Bahnhof Baden AG eingeklemmt, mitgeschleift und tödlich verletzt. Schuld war der defekte Einklemmschutz der Zugtüre. Es sei eine anspruchsvolle Situation, da es bei den SBB 17 verschieden Türschliesssysteme gebe.
Wie Meyer sagte, wollen sich die SBB beim Personal für die Anstrengungen der letzten Monate erkenntlich zeigen. So werden alle SBB-Angestellten, die dem GAV unterstehen, mit wahlweise zwei zusätzlichen Ferientagen oder 800 Franken belohnt.
Nachfrage nach Nachtzügen gestiegen
Zufrieden sind die SBB mit der Entwicklung im Personenverkehr. Das Halbjahresergebnis betrug in dieser Sparte 124,3 Millionen Franken (Vorjahr: 115,2 Millionen Franken). Hauptgrund sei die positive Entwicklung bei den Erträgen. Die geleisteten Personenkilometer stiegen um 6,2 Prozent.
Auch der internationale Personenverkehr habe sich positiv entwickelt, so sei die Nachfrage nach Nachtzügen gestiegen. Geplant ist, mit dem Fahrplan 2020 den internationalen Schienenpersonenverkehr auszubauen, um den Kunden eine Alternative zum Fliegen anzubieten.
Die finanzielle Situation im Güterverkehr bleibt anspruchsvoll. Das Ergebnis von SBB Cargo Schweiz sank trotz Abbau von 9 Millionen Franken staatlicher Abgeltungen von 2,16 Millionen Franken im Vorjahr auf 0,25 Millionen Franken, was einem Minus von 88,4 Prozent entspricht. So verlor SBB-Cargo im ersten Halbjahr Mengen im Wagenladungsverkehr – die Nachfrage in den Branchen Stahl, Holz und Chemie sei tiefer ausgefallen als ursprünglich geplant.
Cargo International schliesst im Halbjahr mit 1,02 Millionen Franken (Vorjahr: 1,64 Millionen Franken) ab. Insgesamt erreichte SBB Cargo aufgrund von Konsolidierungen ein Ergebnis von -0,13 Millionen Franken (Vorjahr: 3,40 Millionen Franken).
Mehr Immobilienverkäufe
Das Halbjahresergebnis von Immobilien beträgt 179 Millionen Franken (Vorjahr: 147 Millionen Franken). Diese Zunahme um 21,3 Prozent sei auf Gewinne aus Immobilienverkäufen im Umfang von 56 Millionen Franken zurückzuführen. Der Mietertrag bei Dritten stieg von 829 Millionen Franken auf 864 Millionen Franken.
Die Kundenpünktlichkeit im Personenverkehr bleibt mit 90,7 Prozent stabil; 9 von 10 Reisenden kamen pünktlich an. Leicht verschlechtert habe sich die Anschlusspünktlichkeit auf einen Wert von 97,0 Prozent (Vorjahr 97,2 Prozent). In der Westschweiz und im Tessin sowie auch einzelnen Strecken sind die Werte niedriger, wie es weiter heisst. Laut Meyer sollen hier mehr Reserven eingeplant werden. Erste Massnahmen seien im Hinblick auf den Fahrplanwechsel geplant.
Kunden werden belohnt
Die Anzahl Generalabonnemente (GA) stieg im Vergleich zur Vorjahresperiode um 2,4 Prozent, diejenige der Halbtaxabonnemente um 3,8 Prozent. Mehr als 3 Millionen Reisende besitzen ein Halbtax- oder GA; das sind rund 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung.
Um sich bei den Kunden für «ihre Geduld im betrieblich anspruchsvollen Jahr» zu bedanken, erhalten GA-Kunden eine Gutschrift in der Höhe von 100 Franken für GA 1. Klasse und 50 Franken für GA 2. Klasse. Halbtax-Kunden profitieren von zusätzlichen Sparbilletten.
Sie haben bereits Anfang August Gutschriften im Umfang von 39 Millionen Franken erhalten. Die SBB erhöht die Rabattsumme für Sparbillette um 20 Millionen Franken auf insgesamt 120 Millionen Franken. (awp/mc/pg)