Leuthard verlangt eine Strafuntersuchung in der PostAuto-Affäre
Bern – Verkehrsministerin Doris Leuthard fordert eine Strafuntersuchung in der PostAuto-Affäre. Nach der Absage der Bundesanwaltschaft und der Berner Justiz prüfe der Bundesrat zurzeit, ob er eine Verwaltungseinheit mit der Untersuchung beauftragen könnte.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) habe zu Recht Anzeige bei der Bundesanwaltschaft erstattet, sagte Leuthard in einem Interview gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» am Samstag. Diese erklärte sich jedoch für nicht zuständig und wies das BAV an, die Strafuntersuchung selber durchzuführen.
Doch das Amt habe bereits die Aufsicht inne, sagte Leuthard. Es könne ihrer Ansicht nach nicht auch noch eine Strafuntersuchung durchführen. Gemäss Gesetz könne der Bundesrat jedoch eine andere Verwaltungseinheit des Bundes mit der Untersuchung betrauen. «Diesen Weg prüfen wir derzeit», sagte Leuthard.
«Lückenlose Aufklärung»
Das BAV hatte vergangenes Jahr im Rahmen einer Revision entdeckt, dass die Post-Tochter PostAuto mit Buchhaltungstricks Gewinne verschoben hatte. Dadurch wies das Unternehmen gegenüber Bund, Kantonen und Gemeinden zu hohe ungedeckte Kosten aus, was die Subventionen in die Höhe trieb.
«Angesichts der vielen Kontrollstellen kann ich mir nicht erklären, wie es so weit kommen konnte», sagte Leuthard weiter. Deswegen brauche es jetzt eine lückenlose Aufarbeitung.
Es müsse geklärt werden, was das Management wann wusste und ob es ein internes Problem des Postauto-Bereichs gab. «Wir brauchen Klarheit zum Sachverhalt und zu den Verantwortlichkeiten, dann kann man beurteilen, welche personellen oder juristischen Konsequenzen daraus zu ziehen sind», sagte Leuthard.
Erste Resultate der Post-Untersuchung erwartet Leuthard in sechs bis acht Wochen. Gerade angesichts des Reputationsschadens müsse das nun schnell gehen. Solange gelte für Post-Chefin Susanne Ruoff die Unschuldsvermutung.
Verschiedene Untersuchungen
Der Post-Verwaltungsrat will die «illegale Buchungspraxis» bei PostAuto in den Jahren 2007 bis 2015 von einer eigens geschaffenen, unabhängigen Expertengruppe aufklären lassen. Die Verkehrsministerin begrüsst dieses Vorgehen, wie sie im Interview weiter sagte.
Daneben habe ihr Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zusammen mit dem Finanzdepartement eine Task-Force ins Leben gerufen. Diese solle klären, ob Handlungsbedarf bestehe auf Stufe des Bundes als Eigner der Post.
Für sie stelle sich aber auch die Frage nach der Rechnung 2017, die dem Bundesrat vorgelegt werden müsse. Denn bis klar sei, ob die Revisionsgesellschaft die Rechnung ohne Vorbehalt genehmige, werde der Bundesrat die Rechnung nicht absegnen und damit auch keine Décharge erteilen. «Das könnte darauf hinauslaufen, dass wir die Generalversammlung verschieben müssen», sagte Leuthard.
Auch den Bundesrat selber sieht Leuthard in der Verantwortung. Denn Geschäfte der Bundesbetriebe würden vom Verkehrsdepartement zusammen mit der Finanzverwaltung vorbereitet. «Ich gehöre nicht zu denen, die sich in solchen Fällen aus der Verantwortung stehlen», sagte Leuthard. (awp/mc/ps)