Basel – Lonza hat die Vakanz an der Konzernspitze rund ein halbes Jahr nach dem Abgang des früheren CEO wieder besetzt. Dafür hat sich der weltgrösste Pharma-Auftragsfertiger beim Mitbewerber Siegfried bedient und holt dessen Chef Wolfgang Wienand.
Der Deutsche wird im Sommer 2024 neuer Konzernchef bei Lonza, teilten die Basler am Dienstag mit. Zu dem Zeitpunkt kann sich der 71-jährige Albert Baehny endgültig aus dem Unternehmen zurückziehen. Der Westschweizer hat seit Oktober 2023 eine Doppelrolle bei Lonza inne.
Seit der frühere Lonza-Chef Pierre-Alain Ruffieux nach nicht ganz drei Jahren gehen musste, ist Baehny nicht nur Präsident des Verwaltungsrates, sondern auch CEO ad interim. Als Baehnys Nachfolger an der Spitze des Verwaltungsrates hatte die Lonza bereits im Januar den Niederländer Jean-Marc Huët auserkoren.
Viele Wechsel in der Vergangenheit
Während der Amtszeit von Baehny wandelte sich Lonza vom Chemieunternehmen zum Marktführer in der Auftragsfertigung (CDMO). Er ist allerdings auch für seinen hohen «CEO-Verschleiss» bekannt.
Denn bei Lonza haben sich in den vergangenen fünf Jahren die Konzernchefs die Klinke in die Hand gegeben. Der langjährige Chef Richard Ridinger ging Anfang 2019, Marc Funk nur neun Monate später und Ruffieux schied im Herbst 2023 aus. In dieser Zeit musste Baehny zwei Mal als Interims-CEO herhalten.
Für seine neue Wahl Wienand ist Baehny voll des Lobes: «Der Verwaltungsrat ist erfreut, einen erfahrenen CEO mit einer starken und etablierten Erfolgsbilanz in der CDMO-Industrie ernannt zu haben», erklärte er in dem Communiqué.
In der Tat hat Wienand bei Siegfried in seinen fünf Jahren als CEO eine eindrückliche Visitenkarte hinterlassen: Unter seiner Leitung ist die Firma aus Zofingen AG um mehr als 60 Prozent auf fast 1,3 Milliarden Franken Umsatz angewachsen und beschäftigt heute über 3700 Mitarbeitende.
Eine Liga grösser
Die Fussstapfen, in die Wienand tritt, sind aber noch ein Stück grösser: Lonza kam im Geschäftsjahr 2023 auf einen Umsatz von 6,7 Milliarden Franken und beschäftigt rund 18’000 Mitarbeitende.
Und während Siegfried vor allem in der chemischen Produktion von pharmazeutischen Wirkstoffen und fertigen Darreichungsformen wie Tabletten tätig ist, dominiert bei Lonza die lukrative Wirkstoffherstellung mit Mitteln der Biotechnologie.
Laut Baehny ist Wienand «ideal positioniert», um Lonza «ins nächste Kapitel der Wachstumsphase zu führen.» Wohin die Reise führen soll, hatte der bald scheinende Romand bereits letzten Herbst selber skizziert.
Hohe Erwartungen
Kurz gefasst: Lonza will auch nach Corona stark wachsen. Das Unternehmen war während der Pandemie vor allem für den Impfstoff-Auftrag von Moderna bekannt geworden.
Denn der Trend dahin, dass Pharmafirmen die Produktion der Wirkstoffe an Spezialisten wie Lonza auslagert, werde weiter anhalten. Wie als Beweis dafür hat Lonza unlängst zwei grosse Produktionsanlagen von Roche in Kalifornien gekauft.
Die Vorgabe an Wienand: Bis 2028 will Lonza in Lokalwährungen jährlich um 11 bis 13 Prozent wachsen. Und die Marge soll wieder in den Bereich von 32 bis 34 Prozent steigen. Diese war zuletzt auf 28,9 Prozent gesunken, weil die weggefallenen Impfstoffaufträge sehr lukrativ waren.
Aber als früherer Spitzensportler ist sich Wienand Herausforderungen gewohnt. Der Manager mit Jahrgang 1972 nahm als Florettfechter an zwei Olympischen Spielen (Atlanta 1996 und Sydney 2000) teil, gewann mehrere Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften und wurde mehrmals Deutscher Meister.
Siegfried-Aktien leiden
An der Börse konnten sich die Lonza-Aktien kaum gegen den allgemeinen Abwärtstrend stemmen und büssten 1,3 Prozent ein (SMI: -1,2%). Die Papiere von Siegfried tauchten nach dem Verlust ihres CEO gar um 5,3 Prozent. Unter Wienand hatte sich der Aktienkurs seit 2019 mehr als verdreifacht. (awp/mc/ps)