Basel – Der Pharmazulieferer und Spezialchemiekonzern Lonza stemmt die grösste Übernahme seiner Firmengeschichte. Die Basler kaufen die amerikanische Capsugel für 5,5 Mrd USD vom Finanzinvestor KKR. Lonza will durch den Zukauf das eigene Angebot ergänzen und schneller wachsen. Weil der finanzielle Kraftakt aber eine grosse Kapitalerhöhung bedingt, gingen die Lonza-Aktien an der Börse auf Tauchgang.
Lonza versucht schon seit längerem, das Geschäft mit Kunden aus der Pharma- und Biotech-Branche durch Zukäufe auszubauen. Capsugel ist gemäss Konzernchef Richard Ridinger die «perfekte Wahl» für Lonza. «Die passt zu 100%, alle Bedingungen sind erfüllt. Das konnte kein anderes Target, das wir uns angeschaut hatten», sagte er am Donnerstag im Gespräch mit AWP. Im Frühjahr hatte man Lonza ein Interesse am amerikanischen Pharmazulieferer Catalent nachgesagt.
Der Arzneikapselhersteller Capsugel beschäftigt 3600 Mitarbeiter an 13 Standorten auf drei Kontinenten. Capsugel stellt unter anderem kleine Kapseln her, in die medizinische Wirkstoffe eingefüllt werden können, die Patienten dann schlucken.
«Capsugel macht das, was wir auch schon immer machen wollten», sagte Ridinger. Denn Lonza hätte das, was man im Bereich der oralen Verabreichung plane, nicht in absehbarer Zeit aus eigener Kraft entwickeln können. Hingegen werde Lonza im Bereich «injectables», also bei den Verabreichung eines biologischen Wirkstoffs per Injektion, selber Lösungen entwickeln.
Wachstumsakquisition
Die Akquisition steht laut Lonza vollständig im Einklang mit der Strategie, Wachstum zu beschleunigen und im gesamten Bereich Healthcare Mehrwert zu schaffen. Mit Capsugel könnten bestehende Angebote ergänzt werden und neue Marktchancen würden sich auftun.
So erwarte Lonza dank der Capsugel-Technologien nun zum bevorzugten Partner für ihre Pharmakunden entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu werden. Der Zukauf werde Lonzas Position aber auch in den Bereichen Consumer Healthcare und Nutrition stärken.
«Capsugel ist eine Wachstumsakquisition», betonte der Lonza-Lenker mehrmals. Die Amerikaner sollen laut dem Firmenchef das Wachstum in sämtlichen Bereichen vorantreiben. Die Mittelfristziele des Konzerns werden Mitte 2017 wieder geprüft. «Das Wachstumsziel wird sicher ein bis zwei Prozentpunkte über dem liegen, was wir für Lonza alleine im Sinn hatten», verriet er.
Schneller Schuldenabbau
Die Transaktion dürfte im zweiten Quartal 2017 abgeschlossen werden. Lonza erwartet, dass sich die Übernahme 2018 positiv auf den Gewinn auswirken wird. Das Unternehmen will die Akquisition durch eine Kombination aus Fremdkapital und Eigenmittel finanzieren und plant eine Kapitalerhöhung mit einem Volumen von bis zu 3,3 Mrd CHF. Denn Lonzas Nettoverschuldung soll den operativen Gewinn EBITDA nicht um den Faktor drei übersteigen.
Der Abbau der Schulden im Anschluss wird aber nach den Worten von Ridinger schnell vorangehen. «Capsugel ist eine Cash-Maschine, es wird daher ganz rapide gehen», erklärte dieser gegenüber AWP. Drei Jahre nach Abschluss der Transaktion dürfte das Unternehmen wieder den heutigen Verschuldungsgrad erreichen.
Nach Abschluss der Akquisition wird Lonza wieder eine Zeit lang kleinere Brötchen backen. «Wir wollen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen und uns zu viele Aufgaben gleichzeitig aufladen», so Ridinger an einer Medienkonferenz. Daher werde es eine Zeit lang höchstens zu Ergänzungsakquisitionen kommen. «Ein Jahr nach Closing von Capsugel kann es von mir aus losgehen.»
Aktie taucht
An der Börse klang aber vor allem die angekündigte Kapitalerhöhung nach: Die Lonza-Papiere gingen 4,6% tiefer bei 161,98 CHF aus dem Handel.
«Wir sind überrascht, dass Lonza eine derart kostspielige Übernahme tätigt», schrieb etwa Carla Bänziger von der Bank Vontobel. Die Transaktion sei bezüglich des Ertrags auf dem investieren Kapital stark verwässernd. Der Kaufpreis liege am oberen Ende, sagte derweil ZKB-Analyst Philipp Gamper. Er beurteilt die Transaktion insgesamt als positiv.
(awp/mc/upd/ps)