Rolf Soiron übernimmt vorläufig die operative Führung bei Lonza.
Basel – Beim Lifesciencekonzern Lonza kommt es nach einem weiteren eher enttäuschenden Geschäftsjahr per sofort zu einem Führungswechsel: Konzernchef Stefan Borgas muss das Unternehmen verlassen. Verwaltungsratspräsident Rolf Soiron übernimmt vorläufig die operative Leitung.
Die Basler sahen sich 2011 mit erheblichen Herausforderungen wie dem starken Schweizer Franken konfrontiert. Weiter werden höhere und volatilere Rohmaterialpreise und der Einfluss eines FDA-Warnbriefes an den Standort Hopkinton in den USA genannt. Das Jahr war aber auch von der Grossakquisition der US-amerikanischen Gesellschaft Arch Chemicals geprägt.
Währungseffekte belasten Ergebnis
Lonza hat 2011 den Umsatz nicht zuletzt dank der Akquisition um 0,4% auf 2,69 Mrd CHF gesteigert. Währungseffekte ausgerechnet hätten sich die Verkäufe um 13,5% erhöht. Währungseffekte schmälerten den EBIT um 84 Mio CHF, worauf dieser um 30% auf 261 Mio sank. Der Reingewinn brach gar um 46% auf 154 Mio CHF ein, wie die Gesellschaft am Mittwoch mitteilte.
Die Ende Oktober abgeschlossene Akquisition von Arch Chemicals herausgerechnet, beträgt der Umsatz 2,51 Mrd CHF (-6,5%), der EBIT 292 Mio (-22%) und der Reingewinn 190 Mio (-33%). Damit hat Lonza die Prognosen der Analysten verfehlt.
Unveränderte Dividende von 2,15 Franken je Aktie
Der Verwaltungsrat schlägt die Auszahlung einer unveränderten Dividende von 2,15 CHF je Aktie vor. Diese soll wie im Vorjahr aus den Reserven aus Kapitaleinlagen bezahlt werden.
Microbal Control mit akquisitionsbedingten Umsatzsprung
In der grössten Sparte Custom Manufacturing belief sich der Umsatz auf 1,29 Mrd CHF (-10,2%), das Betriebsergebnis erreichte 228 Mio CHF (-9,9%), die Betriebsmarge stieg auf 17,6 (VJ 17,5)%. Alle drei Geschäftseinheiten hätten, angetrieben durch den anhaltenden Auslagerungstrend, eine erhöhte Nachfrage verzeichnet, heisst es.
Der Umsatz des Geschäftsbereiches Life Science Ingrediens nahm um 1,4% auf 697 Mio CHF ab. Das Betriebsergebnis sank um 40% auf 50 Mio CHF, entsprechend einer Marge von 5,7%. Neu wird das Microbial Control-Geschäft separat ausgewiesen: Hier sprang der Umsatz akquisitionsbedingt um 55% auf 486 Mio CHF, während beim EBIT ein Minus von 8 Mio CHF steht.
Die Sparte Bioscience erwirtschaftete 2011 einen Umsatz von 202 Mio CHF (-4,3%) und einen EBIT von 13 Mio (-7,1%). Die Marge sank auf 6,4 (6,6)%. Niedrigere Forschungsausgaben in den USA und Südeuropa seien nur teilweise durch höhere Umsatzentwicklungen in der Asien-Pazifik-Region kompensiert worden, heisst es hier.
CEO Stefan Borgas freigestellt
Zu einem abrupten Wechsel kommt es an der Konzernspitze: CEO Stefan Borgas wird freigestellt. Bis zur Ernennung eines Nachfolgers wird Verwaltungsratspräsident Rolf Soiron die Geschäftsleitung koordinieren. In den kommenden herausfordernden Jahren werde Lonza in eine Phase von Fokussierung und Verbesserung in der Kapitalrendite eintreten, begründet Lonza den Wechsel.
Investitionen machen sich noch nicht bezahlt
Klarer wurde Soiron an einer Telefonkonferenz: «Ein CEO hat die Verantwortung, die gesetzten Erwartungen zu erfüllen», sagte er nicht zuletzt mit Blick auf die Reihe von Ergebnisenttäuschungen in den letzten Jahren. «Wir haben versprochen, die Rendite auf den investierten Kapital zu erhöhen», sagte Soiron. Lonza habe in den vergangenen Jahren viel investiert – «der Return ist jedoch noch nicht da.»
Wie Lonza weiter mitteilt, werden Margot Scheltema und Jörg Reinhardt als neue Mitglieder des Verwaltungsrates vorgeschlagen. Dame Julia Higgins werde das Gremium aufgrund statutarischer Vorschriften verlassen.
Langfristiger Ausblick kommt später
Borgas hatte letzten Sommer versprochen, diesen Januar nach Abschluss der Arch-Akquisition neue Langfristziele auszugeben. «Wir werden unsere langfristige Guidance zu einem späteren Zeitpunkt abgeben», vertröstete nun Finanzchef Thoralf Haag. «Wir wollen realistischere Ziele aufstellen», ergänzte Soiron. Wann dies geschehen wird, liess die Lonza-Spitze allerdings offen. «Wir wollen nicht zu früh Zahlen nennen», wiegelte Soiron ab.
Im Laufenden Jahr rechnet die neue Lonza-Spitze indes mit einem Ertragswachstum und einem signifikanten EPS-Wachstum, getrieben durch die Arch-Übernahme. Verstärkt werde dies durch die Synergien aus der Akquisition und Massnahmen zur Verbesserung der Produktivität insbesondere in der Schweiz. Die Investitionen werden vom Unternehmen für das Jahr 2012 auf unter 400 Mio CHF prognostiziert. Darin enthalten seien Investitionen für die Instandhaltung. (awp/mc/pg)