Basel – Manor unterzieht sich einer Restrukturierung und streicht 476 Stellen. Angesichts schrumpfender Einnahmen und veränderter Kaufgewohnheiten baut die Warenhauskette ihr Online-Angebot aus.
Bis Ende 2024 solle der aktuelle Online-Anteil verfünffacht werden, teilte Manor am Montag in einem Communiqué mit. Der Einkauf im Internet solle für die Kunden einfacher werden. Überdies werde das Produkt-, Beratungs- und Dienstleistungsangebot ausgeweitet.
Dazu passt der grösste Warenhauskonzern der Schweiz auch seine Organisationsstruktur an. Dies werde zum Abbau von 385 Jobs in den Warenhäusern und 91 Stellen am Hauptsitz in Basel führen, wo 830 Mitarbeiter beschäftigt seien.
Gesamthaft hat Manor rund 8’900 Beschäftigte, davon 6’860 in den Filialen. Manor habe in Zusammenarbeit mit der Personalkommission einen Sozialplan ausgearbeitet, hiess es weiter.
Alle Hierarchiestufen betroffen
«Alle Hierarchiestufen und Mitarbeitergruppen sind betroffen. Ebenso alle Regionen und alle Warenhäuser, da wir in den Warenhäusern im Non-Food Bereich unsere Managementstrukturen vereinheitlichen und harmonisieren. Das Ziel ist neben Kosteneinsparungen auch unseren Fokus auf den Kundenservice zu verstärken», sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.
Manor hatte im Januar die Zusammenfassung der 59 Warenhäuser in 28 Gruppen bekannt gegeben, die von einem Storedirektor geführt werden. Damit erhält der einzelne Warenhausdirektor weniger Gewicht. «Jetzt gehen wir den nächsten Schritt des Fünfjahresplans», sagte der Sprecher. Der Schritt sei schon vor dem Corona-Ausbruch beschlossen gewesen, aber durch die Pandemie beschleunigt worden.
Kritik der Gewerkschaft
Die Gewerkschaft Unia übte in einer Stellungnahme Kritik an den Streichungen: «Der geplante Stellenabbau würde zu noch mehr Stress und noch flexibleren Arbeitszeiten führen, denn bereits jetzt ist das Personal notorisch unterbesetzt.»
Die Unia forderte die Eröffnung eines transparent geführten Konsultationsverfahrens, um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, Alternativen zum Stellenabbau vorzuschlagen. Zudem verlangte die Gewerkschaft von Manor bessere Sozialpläne als bisher. Zudem müsse der Konzern die Kurzarbeit-Lohneinbussen während des Lockdowns kompensieren.
Coronapandemie kostet 180 Mio Umsatz
Die Coronakrise hat ein grosses Loch in die Kasse gerissen. «Wir werden rund 180 Millionen Umsatz verlieren in diesem Jahr», sagte der Sprecher. Der Umsatz werde um 10 bis 15 Prozent zurückgehen.
Alleine die Corona-Sicherheitsmassnahmen wie beispielsweise der Einbau von Plexiglaswänden oder Kundenzählsystemen hätten 5 Millionen Franken Kosten verursacht. Deshalb habe Manor von den grössten Lieferanten mit mehreren 100’000 Franken Umsatz einen Beitrag von 10’000 Franken verlangt. Die meisten Händler hätten positive Signale gegeben. Einige hätten die 10’000 Franken schon überwiesen, sagte der Sprecher.
Die Schliessung von Warenhäusern aufgrund des wirtschaftlichen Umfelds sei aber nicht vorgesehen. «Standortentscheide treffen wir langfristig und krisenunabhängig.» Einen Ersatzstandort für die geschlossene Flaggschifffiliale in der Zürcher Bahnhofstrasse habe man aber noch nicht gefunden.
Die im Januar angekündigte Schliessung des Warenhauses Bachenbülach sowie der Supermärkte in Liestal und Delsberg ist noch nicht voll umgesetzt. Bachenbülach sei als Outlet weiterhin geöffnet, sagte der Sprecher. Der Supermarkt in Delsberg werde unter dem Namen Manor weitergeführt, während für Liestal noch kein Nachfolger gefunden worden sei.
Struktur wird standardisiert
In den übrigen Läden werde die Organisationsstruktur standardisiert, um den Fokus auf den Kundenservice zu verstärken. Das Unternehmen wolle sich im Non-Food-Bereich vermehrt auf seine Kerngeschäfte Mode, Beauty und Haushalt konzentrieren. Bei den Lebensmitteln liege der Fokus künftig auf Frischprodukten und der Manora-Gastronomie. Zudem werde das Unternehmen seine Sortiments-, Beratungs- und Servicepalette vergrössern.
Das heisse aber nicht, dass beispielsweise die Kinderabteilung oder die Heimelektronik gestrichen würden, sagte der Sprecher. Dafür suche man Partner, wie man es etwa mit der Kosmetikkette Sephora gemacht habe, die bei Manor als Shop im Shop ihre Produkte verkauft. Sephora gehört zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH.
In der Schweiz betreibt Manor 59 Warenhäuser, 30 Lebensmittelsupermärkte und 27 Restaurants. Mit einem Marktanteil von 61 Prozent ist der Konzern laut eigenen Angaben die grösste Warenhauskette hierzulande.
Ausbau des Internetshops
Ausserdem will Manor-Chef Jérôme Gilg – wie bereits im Januar angekündigt – im Internet Gas geben. Denn Manor habe in der Zeit der Coronaschliessungen 100’000 Kunden gewonnen, sagte der Sprecher. Deren Ansprüche müssten erfüllt werden.
Im vierten Quartal wird auf manor.ch ein eigener Onlinemarktplatz gestartet. Damit solle die Produktauswahl in den Hauptkategorien Mode, Beauty, Heim & Haushalt vergrössert werden, hiess es. Auf dem Onlinemarktplatz können dann auch unabhängige Händler gegen eine Provision ihre Produkte verkaufen. Derzeit habe man 700 Drittanbieter. Das Ziel sei eine Verdoppelung in den nächsten Jahren. Zudem sollen für die Kunden die Onlinebestellungen im Laden und der Abholservice einfacher werden. Auch das Bezahlen mit dem Handy soll komfortabler werden.
Dazu ernennt Manor Stefan Wetzler zum Digitalchef, der in die Geschäftsleitung einzieht. Seine Vorgängerin war lediglich in der erweiterten Geschäftsleitung. Wetzler besitze mehr als 20 Jahre Erfahrung im E-Commerce unter anderem durch seine Arbeit für Lidl Digital, E. Breuninger und die Heinrich Heine GmbH. (awp/mc/pg)