Zürich – Die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) findet langsam aus der Krise. Nach fast zwei Jahren mit sinkenden Umsätzen sind diese im letzten Quartal erstmals wieder gestiegen. Der Frankenschock hat jedoch in der Branche Spuren hinterlassen.
Eineinhalb Jahre nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses und nach einem schwierigen Geschäftsjahr 2015 geht es mit der MEM-Industrie wieder aufwärts. Im zweiten Quartal 2016 drehten die Umsätze der Branche erstmals nach sieben Quartalen wieder ins Plus. Sie stiegen gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,8 Prozent, wie der Branchenverband Swissmem am Mittwoch mitteilte.
Steigende Exporte und deutlich höherer Auftragseingang
Bestätigt wird diese Trendwende durch die Exporte und den Auftragseingang. Nachdem im ersten Quartal im Vergleich zur Vorjahresperiode die Ausfuhren noch um 1,9 Prozent sanken, nahmen sie in den folgenden drei Monaten um 1,8 Prozent zu. Die Auftragseingänge schnellten im zweiten Quartal sogar um 18,5 Prozent nach oben.
Damit scheint die MEM-Industrie die Krise überstanden zu haben, wobei aber bis jetzt nicht alle Unternehmen vom Anziehen der Nachfrage profitieren. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stünden nach wie vor stark unter Druck, sagte Swissmem-Direktor Peter Dietrich an einer Medienkonferenz in Zürich. Die Ertragslage bei vielen KMU sei aufgrund der Überbewertung des Frankens noch immer schlecht. Besser dagegen laufe es Grossbetrieben.
Krebsgang im Maschinenbau
Aber auch bei diesen kommt es darauf an, in welchem Segment sie tätig sind. So zeigt die Exportstatistik, dass ausgerechnet im grössten Segment der MEM-Industrie, dem Maschinenbau, die Exporte im ersten Halbjahr rückläufig waren, während sie in den Bereichen Metalle, Präzisionsinstrumente und Elektrotechnik/Elektronik zum Teil deutlich angestiegen sind.
Ein Grund dafür könnten gemäss Dietrich Grossaufträge sein, die zu zufälligen Schwankungen führen können. Ein weitere Erklärung ist gemäss Swissmem-Präsident Hans Hess, die wirtschaftliche Schwäche der Schwellenländer, die die Nachfrage nach Investitionsgütern habe einbrechen lassen.
Kein Aufschwung, sondern eine Normalisierung
Tatsächlich haben Schweizer Industriebetriebe zwar ihre Exporte in die EU (+3,4 Prozent) und in die USA (+2,6 Prozent) steigern können. Die Ausfuhren in den zweitwichtigsten Absatzmarkt der MEM-Industrie, nach Asien, dagegen ist im ersten Halbjahr gegenüber der Vorjahresperiode regelrecht eingebrochen (-6,4 Prozent). Besonders ausgeprägt waren dabei die Rückgänge der Exporte nach Indien und Südkorea. Aber auch in die Türkei und nach Brasilien wurden deutlich weniger Schweizer Industrieprodukte geliefert.
Swissmem wertet die Trendwende darum auch nicht als einen Aufschwung, sondern als eine Normalisierung. Dietrich sprach lediglich von einer «ganz dezenten Morgenröte», was auch für die Beschäftigung in der Branche gilt.
9200 Stellen abgebaut
Im zweiten Quartal hat sich die Zahl der Vollzeitstellen in der Branche zwar von 319’400 auf 321’000 leicht erhöht. Seit der Aufhebung des Mindestkurses hat sich jedoch insgesamt die Zahl der Stellen um 9200 reduziert. Seit 2008, dem Höchststand in diesem Jahrhundert, gingen in der MEM-Branche sogar 34’000 Arbeitsplätze verloren.
Diese werden kaum je wieder zurückkommen. Swissmem hofft zwar, dass sich bei der Beschäftigung die positive Entwicklung des ersten Halbjahres im zweiten fortsetzt. «Der Ausbau wird jedoch im Ausland stattfinden», sagte Hess. Auch beim künftigen Geschäftsgang erwartet der Verband keinen steilen Aufschwung. «Wir sind vorsichtig optimistisch», sagte Dietrich lediglich.
Gleichzeitig verwies er auf Risiken. Die grösste Gefahr sei dabei neben einer Abschwächung der Konjunktur in den Absatzmärkten eine erneute Aufwertung des Frankens. In diesem Zusammenhang stellte sich Dietrich auch gegen die Kritiker der Nationalbank (SNB), die diese wegen der Einführung von Negativzinsen angreifen. «Die Kritik an der SNB scheint uns problematisch», sagte er.
«Wirtschaftsfeindliche Vorlagen»
Hess seinerseits warb für ein Nein zu verschiedenen Volksinitiativen, die in den nächsten Monaten zur Abstimmung kommen. «Wir stehen mitten in einer noch nie dagewesenen Lawine von wirtschaftsfeindlichen Vorlagen», sagte er.
So würde ein Ja zur AHV-Plus-, der Atomausstiegs-, der Ernährungssicherheits- und der Grüne Wirtschafts-Initiative zu einer Schwächung des Wirtschaftsstandorts Schweiz führen. Ebenfalls will sich der Verband für eine Annahme der Unternehmenssteuerreform III einsetzen, sollte die SP mit ihrem Referendum erfolgreich sein. (awp/mc/pg)