Albert P. Stäheli, CEO NZZ Gruppe.
Luzern – Die Schweizer Medienindustrie hat nach der grossen Krise im vergangenen Jahr den Turn-Around geschafft und blickt mit gesundem Optimismus in die Zukunft. Nicht mehr Kosteneinsparungen, sondern Investitionen und die Schaffung neuer Stellen stehen für die Chefs von Ringier, Tamedia, NZZ und AZ Medien im Vordergrund.
Für alle kommt dabei dem Internet bzw. den neuen Online-Kanälen insgesamt eine zentrale Rolle zu, wie sie am Freitag anlässlich einer Podiumsdiskussion am Swiss Media Forum in Luzern erklärten.
Tamedia verdient mit Newsportalen Geld
Die NZZ-Gruppe habe nach abgeschlossener Restrukturierung jetzt eine hervorragende Grundlage, um darauf aufbauend zu investieren, sagte NZZ-CEO Albert P. Stäheli. Im Vordergrund stehe dabei im Moment das Internet. Sollten sich aber im Printbereich gute Möglichkeiten für Zukäufe ergeben, wolle er solche nicht ausschliessen, so Stäheli weiter. Noch verdiene seine Gruppe im Online-Geschäft kein Geld. Er sehe aber im laufenden Jahr einen guten Trend Richtung Break-Even. Bereits in der Gewinnzone operieren dagegen die beiden grossen Newsportale 20 Minuten und Newsnetz von Tamedia. Dies beweise, dass sich mit Online Geld verdienen lasse, erklärte Tamedia-Konzernchef Martin Kall. Er plädierte dafür, sowohl für Print wie auch für Online mit Optimismus in die Zukunft zu blicken.
Bezahlmodell für NZZ-Online in Arbeit
Ein grosses Thema stellt insbesondere für die NZZ die Abkehr von der heutigen Gratismentalität im Online-Bereich dar. «Wir arbeiten im Moment an einem Bezahlmodell für NZZ-Online,» so Stäheli. Ein solches werde bald kommen, kündigte er an. Auch die AZ-Gruppe entwickelt eine ‹Paid-Content›-Strategie. Dabei stünden insbesondere die regionalen Inhalte im Vordergrund, sagte AZ-CEO Christoph Bauer. Den Launch eines solchen Bezahlmodells sieht er im Herbst 2012. Beide Unternehmenschefs zeigen sich überzeugt, dass für klare Mehrwerte auch in der Online-Welt eine Zahlungsbereitschaft besteht.
Hoffnungsträger Tablets
Einer der Hoffnungsträger für die Konzernlenker sind die neuen Tablet-Geräte – allen voran natürlich der iPad. Die Verlage werden im Lauf der Zeit spannende Applikationen dafür finden, welche auch wirtschaftlich funktionieren, so Ringier-Chef Christian Unger. Allerdings brauche dies eine gewisse Zeit. Der iPad sei ja erst gut ein Jahr alt. Nebst Online liebäugelt Ringier für die Zukunft aber auch mit TV. «Wir schauen uns die verschiedenen TV-Stationen an», bekräftigte Unger frühere Aussagen. Neben dem offenen Ausgang solcher Gespräche, sei aber auch noch nicht abschliessend klar, ob Ringier wirklich einen eigenen TV-Sender haben wolle.
Tamedia trennt sich von TV- und Radio-Stationen
Von den elektronischen Medien trennen will sich dagegen bekanntlich Tamedia. Die Gruppe bietet seine beiden TV- und Radio-Stationen zum Verkauf. Ein allfälliger neuer Eigentümer müsse transparent darlegen, was er mit den Sendern zu tun gedenke, so Kall. Sofern dies gegeben sei, schliesst der Tamedia-Chef auch einen Verkauf an einen politisch aktiven Käufer nicht aus. Relativ zurückhaltend zeigte sich AZ-Chef Bauer hinsichtlich Zusammenarbeitsmöglichkeiten mit der BAZ-Gruppe. Von Seite AZ sei eine gewisse Bereitschaft für Kooperationen vorhanden, so Bauer. Im Moment sei aber nichts Konkretes in der Pipeline. «Wir sind offen für Gespräche», so das Signal nach Basel. Für die AZ bestehe aber kein Druck, Partner zu suchen oder sich bei einem grossen Haus anzulehnen. Wir können eigenständig wirtschaften, wenn wir das wollen, so der AZ-Chef. (awp/mc/ps)