Medtech-Branche verliert privilegierten Zugang zu EU-Markt
Brüssel – Die Schweizer Medizintechnik-Branche hat am Mittwoch den privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt verloren. Damit fällt die Schweiz auf den Status eines Drittstaates zurück, wie der Branchenverband Swiss Medtech mitteilte.
Als Folge davon kommen Mehrkosten und ein grösserer administrativer Aufwand auf die Schweizer Medizintechnik-Unternehmen zu. Neu müssen Schweizer Unternehmen einen Firmenbevollmächtigten in einem EU-Land ernennen und die Produkte nach den EU-Vorschriften kennzeichnen.
Hohe Administrationskosten
Der Branchenverband schätzt den einmaligen Administrationsaufwand für Schweizer Unternehmungen für die Anpassungen auf 114 Millionen Franken und jährlich wiederkehrend Kosten von 75 Millionen Franken.
«Diese Kosten entsprechen zwei Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent des Exportvolumens von 5,2 Milliarden Franken von der Schweiz in die EU.» Wer nun argumentiere, die zusätzlichen Kosten seine verkraftbar, «verkennt völlig, wie hart der internationale Konkurrenzkampf ist», wird Beat Vonlanthen, Präsident von Swiss Medtech, in der Mitteilung zitiert. Sorge bereite «der Verlust der Standort-Attraktivität».
Zerschlagen hatte sich auch die kürzlich aufgekeimte Hoffnung, dass die Schweiz wie andere Drittstaaten für die bereits in der EU zertifizierten und damit zugelassenen Medizintechnik-Produkte von einer Übergangsfrist bis 2024 profitieren könnte.
Bern und Brüssel hatten dazu Gespräche geführt. Laut Swiss Medtech gab es bis jetzt jedoch keine Einigung. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bestätigte am Mittwochnachmittag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass bisher noch keine Lösung erreicht wurde. Es versicherte aber: «Die Diskussion laufen weiter.»
Schweizer Massnahmen
Für den Fall, dass das Abkommen nicht rechtzeitig aktualisiert wird, hatte der Bundesrat vor einer Woche Massnahmen beschlossen, die nun ebenfalls am 26. Mai in Kraft treten.
Konkret sollen Hersteller aus der EU neu einen Bevollmächtigten in der Schweiz ernennen und ihre Produkte mit seinen Angaben kennzeichnen.
Gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist dies nötig, damit die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde Swissmedic zum Schutz der Patientinnen und Patienten in den Markt intervenieren kann. Ausserdem entspreche diese Regelung den Regeln der EU im Umgang mit Drittstaaten, heisst es in der Mitteilung.
Keine Aktualisierung des MRA
Hintergrund dieser Entwicklung ist die neue EU-Medizinprodukteverordnung (MDR), die am Mittwoch in Kraft getreten ist.
Damit ab diesem Zeitpunkt die Schweizer Medizintechnik-Hersteller ihren privilegierten Zugang zum EU-Markt hätten behalten können, hätte das Abkommen über technische Handelshemmnisse (MRA) aktualisiert werden müssen.
Mit Verweis auf die noch immer nicht abgeschlossenen Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen verweigerte Brüssel diese Aktualisierung. (awp/mc/pg)