Mehr Geld im AHV-Ausgleichsfonds und offene Finanzierungsfragen
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Bern – Die Ausgleichsfonds der Sozialversicherungen AHV, IV und EO haben 2024 zum zweiten Mal in Folge ein positives Anlageergebnis von 7,33 Prozent erzielt. Doch das finanzielle Gleichgewicht von AHV und IV bleibt mittelfristig gefährdet.
Zu diesem Schluss kommt Compenswiss, der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV) und Erwerbsersatzordnung (EO). Das verwaltete Vermögen wuchs per Ende 2024 auf 46,1 Milliarden Franken an, gegenüber 40,6 Milliarden Franken im Vorjahr.
Schweizer und besonders US-Aktien und Goldanlagen hätten massgeblich zum guten Ergebnis von 7,33 Prozent beigetragen, teilte Compenswiss am Dienstag mit. 2023 betrug die Rendite 4,98 Prozent. Doch zwei positive Jahre konnten das Minus von 12,85 Prozent im Jahr 2022 nicht ganz wettmachen.
Mehr Geld aus Mehrwertsteuer
Der Zuwachs um rund 5,5 Milliarden Franken beim verwalteten Vermögen ist laut Compenswiss zur Hälfte auf die positive Rendite zurückzuführen. Die andere Hälfte ist der im Zug der AHV-Reform 21 erhöhten Mehrwertsteuer geschuldet. Der Normalsatz wurde Anfang 2024 von 7,7 auf 8,1 Prozent angehoben.
Zum positiven Resultat trugen die Anlagekassen von AHV, IV und EO bei. Die Nettorendite auf dem Vermögen belief sich für die AHV auf 7,2 Prozent. Das ergibt ein Plus von 2,5 Milliarden Franken. Bei der IV bringt die Rendite von 7,1 Prozent 253 Millionen Franken und bei der EO die Rendite von 7,13 Prozent einen Zuwachs von 125 Millionen Franken.
Die Reservefonds für AHV und IV könnten allerdings schon demnächst angezapft werden müssen. Bei der AHV ist offen, wie die im März 2024 an der Urne gutgeheissene 13. AHV-Rente finanziert werden soll. Erstmals ausbezahlt werden soll der Rentenzuschlag gemäss Verfassung ab 2026. Die Gesetzesbestimmungen dazu berät zurzeit das Parlament.
Schon ab 2026 geht der Bund von einem negativen AHV-Umlageergebnis aus – die AHV muss dann mehr auszahlen, als sie einnimmt. Gründe sind neben der Rentenerhöhung die steigende Zahl von Pensionierten und die höhere Lebenserwartung. Was der Bundesrat für die Finanzierung der 13. Rente vorsieht, reicht nicht.
Weniger Reserve, weniger Rendite
Die Finanzierung der 13. AHV-Rente liegt bei der zuständigen Ständeratskommission. Manuel Leuthold, Verwaltungsratspräsident von Compenswiss, warnte in Bern vor den Medien davor, sich Zeit zu lassen. Je später sie angepackt werde, desto teurer werde die Zusatzfinanzierung. Schrumpfe der Ausgleichsfonds, werde auch die Rendite kleiner.
Ebenso warnte Leuthold vor weiteren Begehrlichkeiten. Falle die Plafonierung der AHV-Renten für Ehepaare weg, würde das die AHV ab 2030 weitere 3,8 Milliarden Franken im Jahr kosten. Die Mitte-Initiative verlangt mit einer Volksinitiative, die sogenannte «Heiratsstrafe» bei den AHV-Renten abzuschaffen.
Bei der IV steigen Neurenten, und die Abgangsquote sinkt. Und noch immer ist sie bei der AHV verschuldet, mit noch 10,3 Milliarden Franken. Dass die IV die Schuld weiter abbauen könne, sei nicht absehbar, so Leuthold. Eine 13. IV-Rente – darüber debattiert das Parlament – koste 450 bis 500 Millionen Franken pro Jahr.
Ganz anders präsentiert sich die Lage beim EO-Fonds: Er hat solide Zahlen. Und seine Herausforderungen seien nicht jene der Fonds von AHV und IV, hielt Compenswiss dazu fest.
Warnung vor Einmischung
Leuthold nahm ausführlich Stellung zur öffentlich kritisierten Neuvergabe der globalen Administration ihrer Gelder an die US-amerikanische State Street Bank International GmbH. Zuvor war die UBS dafür zuständig gewesen. Dass State Street damit die Vermögen der Sozialversicherungen verwalte, stimme nicht, betonte er.
Die Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) fordert mit einer Motion, dieses Mandat wieder aufzulösen und eine Schweizer Bank mit der Aufgabe zu betrauen. Falls nötig, müsse der Bundesrat die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen. Leuthold warnte vor einer Einmischung des Parlaments.
Sei Compenswiss gezwungen, das Mandat einer bestimmten Bank zu übertragen, stelle sich die Frage, wer dafür die Verantwortung übernehme. «Die Politik oder Compenswiss?» Vermutlich sei gerade noch eine Bank in der Schweiz in der Lage, das Mandat auszuüben. Für Compenswiss würde das ein Klumpenrisiko bedeuten. (awp/mc/pg)