Bern – An einer Kundgebung auf dem Berner Bundesplatz haben mehrere Tausend Menschen, darunter viele Ukrainerinnen und Ukrainer, den Worten des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskyj gelauscht.
«We are one», «wir gehören alle zusammen», skandierte die Menge, als Selenskyj aus Kiew zugeschaltet wurde. Die Menschen jubelten, als Selenskyj zu hören war, und der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis begrüsste «Mr. President» herzlich und duzte ihn gleich. «Hier auf dem Bundesplatz in Bern sind mehrere Tausend Menschen, lieber Wladimir», sagte Cassis. «Sie alle wollen Dir zeigen, dass Dein Volk nicht alleine ist».
Die Kundgebungsteilnehmenden spendeten viel Applaus und riefen «we are one» (wir gehören alle zusammen). Viele hatten ukrainische Flaggen dabei und manche Frauen hatten sich Blumen ins Haar geflochten. Auf Transparenten wurde Putins Angriffskrieg auf die Ukraine als Verbrechen gegeisselt.
Mitfühlende Schweiz
«Wir fühlen mit, wenn das Leid dein Land trifft», wandet sich Cassis an Selenskyj. Die Menschen seien zutiefst beeindruckt vom Mut des ukrainischen Volkes, wie es für Demokratie und Freiheit kämpfe. Beeindruckt sei man auch von der Entschlossenheit, wie es gegen Unterdrückung aufstehe und Grundwerte der freien Welt verteidige, die auch Werte der Schweiz seien.
Die Schweiz verbinde Neutralität mit humanitärer Tradition, sagte Cassis weiter. Es sei ein kleines Land, das entschieden für Freiheit einstehe. Sie sei bereit, im Hintergrund zu vermitteln oder Gastgeber für Verhandlungen zu sein.
Selenskyj redet Schweiz ins Gewissen
«Wir sind dankbar, dass sie uns unterstützen und nicht abseits stehen», sagte Selenskyj zu den Teilnehmenden auf dem Bundesplatz. Er kritisierte aber, dass Schweizer Unternehmen weiterhin Geschäfte in Russland tätigen.
Der Slogan von Nestlé, einer Schweizer Firma, laute «gutes Essen, gutes Leben», sagte Selenskyj. Und dieses Unternehmen wolle Russland nicht verlassen. «Geschäfte in Russland funktionieren, obwohl unsere Kinder sterben und unsere Städte zerstört werden.»
Dass die Schweiz sich gegen den Krieg stelle und auch Sanktionen mittrage, begrüsste Selenskyj. Wenn im 21. Jahrhundert mitten in Europa hunderte Bomben fallen, dürfe man nicht einfach nur zuschauen. Er forderte, dass die Schweiz noch mehr tue – wenn das Geld von Oligarchen bei den Banken eingefroren würde und ihnen deren Privilegien genommen würden, sei das auch ein Kampf gegen das Böse.
Vietnam-Song gegen den Krieg
Zuvor hatte der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried nach einer angriffigen Rede gegen den Krieg die Kehlen angewärmt mit dem alten Vietnam-Protest-Song «War, what is it good for? Absolutely nothing» («Krieg? Was nützt er? Absolut rein gar nichts»). Von Graffenried skandierte den Refrain mit der Menge.
Zuvor hatten sich der ukrainische Botschafter Artem Rybchenko an die Demonstrierenden gewandt .»Wir gehören alle zusammen, das stimmt heute auf Bundesplatz und in ganz Europa und wir sind sehr dankbar.»
Ganz wichtig seien humanitäre Hilfe, Schutz und Wohnräume damit die Ukrainerinnen und Ukrainer wüssten, dass sie im Angesicht der Not nicht alleine seien.
Auf der Bühne auf dem Bundesplatz solidarisierten sich auch Vertretende verschiedener Botschaften in Bern mit der Ukraine. (awp/mc/ps)