Berichte über den Kauf von Bankkundendaten-CDs helfen hüben und drüben vorab den Gegnern des Abkommens.
Bern – Eine deutliche Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer befürwortet das Steuerabkommen mit Deutschland. Die Diskussion über die Frage, ob deutsche Behörden noch gestohlene Bankkunden kaufen dürfen, setzte sich am Wochenende fort. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der «SonntagsZeitung» stellten sich nur 21,1% gegen das Abkommen, aber fast 70% dafür. Befürworter finden sich in allen politischen Lagern: Selbst unter den Anhängern der SVP sind derzeit 56% dafür. Die deutlichste Zustimmung erhielt das Abkommen aus der CVP mit knapp 90%.
Berichte über den Kauf von CDs mit gestohlenen Bankkundendaten in Deutschland scheinen sich gemäss der Umfrage namentlich in der Deutschschweiz auszuwirken: Dort gaben gegen 53% an, ihr Entscheid werde durch diese Berichte negativ beeinflusst. In der Westschweiz waren nur 20,2% dieser Ansicht. Das Meinungsforschungsinstitut Isopublic hat im Auftrag der «SonntagsZeitung» 1010 Stimmberechtigte in der Deutsch- und Westschweiz befragt, zwischen dem 18. und dem 20. Juli.
Diskussionen über CD-Käufe
Die in den vergangenen Tagen erneut entfachte Diskussion zur Frage, ob vor dem Inkrafttreten des Abkommens der Kauf gestohlener Bankkundendaten in Deutschland noch möglich ist, ging am Wochenende weiter – mit den bekannten Positionen, die bereits Anfang April geäussert worden waren. Staatssekretär Michael Ambühl sagte in Interviews mit der «SonntagsZeitung» und «Sonntag», ein «aktiver» Erwerb von Daten-CDs sei nicht mehr zulässig, ein «passiver» aber schon. Ein Datenkauf durch deutsche Amtsstellen sei nicht mehr möglich.
Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble habe dies bei der Unterzeichnung des Steuerabkommens im September 2011 gesagt, hielt Ambühl fest. Es sei «bedauerlich, dass die vereinbarte Regelung vor Inkrafttreten offenbar nicht in allen deutschen Bundesländern durchgesetzt werden kann».
Politologe: Berichte über CD-Käufe helfen Gegnern
Der deutsche Finanzminister Schäuble warb in der Zeitung «taz» am Wochenende erneut für das Abkommen. Ohne den Vertrag verjährten jedes Jahr deutsche Steuerforderungen in grossem Umfang. Der ehemalige deutsche Finanzminister Hans Eichel hielt in derselben Zeitung dagegen, der deutsche Rechtsstaat dürfe die CDs verwenden. In den Augen des Politologen Michael Hermann helfen Berichte über den Kauf von Bankkundendaten-CDs vorab den Gegnern des Abkommens. «Unsicherheit und Misstrauen sind Gift für Behördenvorlagen», sagte er im Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag».
In einer Abstimmung über das Steuerabkommen sei entscheidend, «ob Bundesrat, Parlamentsmehrheit und Wirtschaft glaubhaft machen können, dass die Verträge wichtig für die Schweizer Wirtschaft wichtig sind». Die Banken selber mit ihrer «angeschlagenen Reputation» könnten kaum die Wortführerschaft übernehmen.
Kernstück Abgeltungssteuer
Das Abkommen soll Anfang 2013 in Kraft treten. Sein Kernstück ist die Abgeltungssteuer: Sie soll gewährleisten, dass die anderen Staaten ihren zustehende Steuergelder erhalten, ohne dass die Schweiz das Bankgeheimnis preisgeben muss. Die Banken ziehen ausländischen Kunden einen pauschalen Steuerbetrag von nicht deklarierten Vermögen und künftigen Kapitalerträgen ab. Die Schweiz überweist das Geld an die Behörden im Ausland, ohne dabei Namen zu nennen.
Referendum voraussichtlich am 25. November
National- und Ständerat stimmten dem Abkommen mit Deutschland im vergangenen Juni zu. Sollte das Referendum zu Stande kommen, hat das Schweizer Stimmvolk am 25. November das letzte Wort. Das Referendum gegen das Abkommen ergriffen haben die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS), die Junge SVP, der Bund der Steuerzahler und die Jungsozialisten (JUSO). Angesichts dieser «komplementären Gegnerschaft» erwartet Hermann, dass die nötigen 50’000 Unterschriften zusammenkommen. (awp/mc/ps)