Zürich – Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) hat im Jahr 2018 sehr gut gearbeitet, mit einer allerdings deutlichen Abschwächung der Dynamik im zweiten Semester. In den kommenden Monaten geht es deshalb wohl vor allem seitwärts.
Der Dachverband der MEM-Industrie, Swissmem, wirbt anlässlich seiner Jahresmedienkonferenz eindringlich für das institutionelle Abkommen mit der EU. Kommt dieses nicht zustande, sieht der Verband Arbeitsplätze und Wohlstand in der Schweiz gefährdet, wie er am Mittwoch mitteilte. Denn von der Konjunktur dürften in naher Zukunft keine Impulse kommen. Zumindest zeigen sich die Unternehmen diesbezüglich einiges weniger optimistisch als noch vor einem Jahr.
Industrie schafft neue Stellen
Das Geschäftsjahr 2018 präsentierte sich für die Industrie aber insgesamt erfreulich. Die Umsätze der gesamten MEM-Industrie legten gegenüber dem Vorjahr um über 11 Prozent und die Auftragseingänge um 6,5 Prozent zu. Sowohl Grossfirmen als auch KMU haben dabei gleichermassen vom guten Umfeld profitiert. Entsprechend lag auch die Auslastung der Firmen mit über 91 Prozent klar über dem langjährigen Mittelwert von gut 86 Prozent.
Dies schlug sich auch in der Beschäftigung nieder. Die MEM-Industrie schuf in den ersten neun Monaten des Berichtsjahres 7’800 Stellen und beschäftigte damit über 320’000 Menschen.
Mindestkurs-Ende nicht ganz verdaut
Verbessert hat sich auch die Ertragslage, allerdings lediglich moderat. Immerhin 44 Prozent der Firmen haben eine laut Swissmem gute operative Marge von über 8 Prozent erwirtschaftet. Die durch die 2015 erfolgte Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die SNB erlittenen Margenverluste seien aber insgesamt noch immer nicht aufgeholt, so Swissmem. So haben rund ein Viertel der Unternehmen eine «zwar positive, letztlich aber unbefriedigende» Marge von Null bis 5 Prozent erreicht und 13 Prozent der Firmen verzeichneten gar einen operativen Verlust.
Die gute Geschäftslage im vergangenen Jahr spiegelt sich auch in den Exporten aller Warengruppen. Die Gesamtausfuhren der MEM-Industrie stiegen um über 4 Prozent auf knapp 70 Milliarden Franken. Dabei legten die USA (+9,5%) kräftiger zu als die EU (+5,4%), wogegen die Verkäufe in den asiatischen Raum um gut 2 Prozent zurückgingen, was insbesondere auf die Schwäche des Nahen Ostens zurückgeführt wird. Von den Warengruppen legten die Präzisionsinstrumente (+7,4%) am meisten zu und der Maschinenbau (+4,5%) am wenigsten.
Sorgen wegen Abschwächung
Etwas trüber wird das Bild, wenn man die Entwicklung der einzelnen Quartale anschaut. So haben die Umsätze im dritten Quartal weniger zugenommen als im ersten Semester und im vierten Quartal (+5,7%) weniger als im dritten. Der die künftigen Umsätze indizierende Auftragseingang ging gar in beiden Quartalen zurück, im vierten (-11,3%) noch deutlich stärker als im dritten. Swissmem verweist hier allerdings auch auf die sehr starke Vorjahresbasis.
Gleichwohl zeigen sich die Unternehmen klar weniger zuversichtlich als noch ein Jahr zuvor. Lediglich ein Drittel der Unternehmen erwartet 2019 eine Zunahme der Aufträge, vor einem Jahr war es noch gut die Hälfte. Eine relative Mehrheit von 45 Prozent prognostiziert für das laufende Jahr beim Bestellungseingang eine Stagnation und knapp ein Viertel gar einen Rückgang.
Der Verband Swissmem rechnet «aufgrund der konjunkturellen Abkühlung in den wichtigsten Absatzmärkten» ebenfalls nicht mit einer Wiederholung des starken Wachstums von 2018. «Es fehlen die Wachstumsimpulse aus dem Ausland», wird in der Mitteilung Stefan Brupbacher, Direktor von Swissmem, zitiert. «Als Folge der generellen Konjunkturabkühlung in vielen zentralen Märkten dürfte es somit in den nächsten Monaten zu einer Seitwärtsbewegung in der Geschäftsentwicklung der MEM-Industrie kommen.»
Als Risikofaktoren streicht Swissmem zudem den Brexit, die Schuldensituation in einigen EU-Staaten sowie die weltweit schwelenden Handelskonflikte hervor.
Zugang zu Weltmärkten als Erfolgsfaktor
Angesichts dieser Aussichten ist für Swissmem der Aufruf an die Politik umso wichtiger, insbesondere in der Frage nach dem institutionellen Abkommen mit der EU. Dieses ist «zentral», schreibt der Verband. Die vordringlichste Aufgabe sei es, das Verhältnis zur EU zu klären, dem mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt der Schweiz. Dafür brauche es das institutionelle Abkommen. Es stelle den bilateralen Weg auf eine langfristig tragfähige Basis und sichere den privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt. «Das war, ist und bleibt das Hauptziel dieses Abkommens», so Swissmem.
Das vorliegende Abkommen sei für die Schweizer Bedürfnisse «im Kern massgeschneidert» und bringe neben der Sicherung des Marktzugangs weitere wichtige Vorteile wie die höhere Rechtssicherheit, die Respektierung der Souveränität der Schweiz sowie die Möglichkeit neuer Marktzugangsabkommen. Komme das Abkommen nicht zustande, werde sich die Qualität des Zugangs zum EU-Binnenmarkt zwangsläufig verschlechtern.
Swissmem warnt deshalb vor einem «schleichenden Attraktivitätsverlust des Wirtschaftsstandortes Schweiz». Dies ginge zulasten der Arbeitsplätze und des Wohlstands, so das Fazit. Denn mit einem Exportanteil der MEM-Industrie von durchschnittlich rund 80 Prozent sei der Heimmarkt Schweiz viel zu klein, um den Fortbestand der Unternehmen in der heutigen Grösse zu sichern.
Aber auch ausserhalb der EU soll das Netz der Freihandelsabkommen weiter gestärkt werden. Der Verband stellt dabei mögliche Verträge mit den USA oder dem Mercosur in den Vordergrund. (awp/mc/pg)