Meret Schneider: Festhalten an Fleischsubventionen

Meret Schneider: Festhalten an Fleischsubventionen
Meret Schneider, Nationalrätin, Grüne Schweiz. (Bild: parlament.ch)

Ein Plädoyer für Fleischsubventionen? Von einer Person, die sich pflanzenbasiert ernährt und sich immer wieder gegen die intensive Nutztierhaltung ausspricht? Ja, dieses Plädoyer erschliesst sich nicht auf den ersten Blick, aber der erste Blick ist oftmals irreführend, wie die Reaktionen auf eine Studie von Vision Landwirtschaft zeigen.

In einer neuen Studie hat Vision Landwirtschaft untersucht, wie die Politik verschiedene Konsumstile finanziell unterstützt und welche externen Kosten damit einhergehen. Berücksichtigt wurden dabei die Beiträge des Bundes für die Nahrungsmittelproduktion und die ungedeckten Kosten zulasten der Allgemeinheit (externe Kosten von Umweltauswirkungen der Produktion).

Gemäss Vision Landwirtschaft betrugen die Beiträge des Bundes an die Nahrungsmittelproduktion im Jahr 2020 rund 300 Franken pro Person. In diesem Umfang wurden die durchschnittlich konsumierten Nahrungsmittel unterstützt. In die Nahrungsmittel des veganen Ernährungsstils flossen pro Person und Jahr rund 50 Franken, während in die Nahrungsmittel eines “fleischbetonten” oder “proteinbetonten” Lebensstils 500 Franken pro Person flossen. Unter “proteinbetont” wird dabei ein Ernährungsstil mit vielen tierischen Produkten wie Fleisch, Eier und Milch verstanden. Die von der Politik in Kauf genommenen und nicht den Verursachern angelasteten Kosten zulasten der Allgemeinheit (externe Kosten) beliefen sich im Jahr 2020 auf durchschnittlich 800 Franken pro Person. Dabei wiesen die Ernährungsstile «umweltoptimiert» und «vegan» mit 450 bzw. 500 Franken pro Person die tiefsten, die Ernährungsstile «proteinbetont» und «fleischbetont» mit je 1050 Franken die höchsten externen Kosten auf.

Soweit, so klar. Dass eine fleischbetonte Ernährung mit massiv höheren externen Kosten zu Buche schlägt als ein pflanzenbetonter Lebensstil ist nicht überraschend, schliesslich fressen von den konsumierten Tieren nur die Wiederkäuer Gras, während Monogastrier wie Schweine und Hühner auf Futtermittel angewiesen sind und davon so einiges vernichten, bis sie auf unseren Tellern landen. Stossend ist selbstverständlich, dass sich externe Kosten nicht im Preis niederschlagen und pflanzliche Alternativen oftmals sogar teurer sind als das tierische Pendant, trotz besserer Umweltbilanz.  Ändern liesse sich das, indem man die Umweltkosten eines Produkts internalisiert, was in der Umsetzung enorm komplex, aber sicherlich lohnend wäre. In einer Motion dieser Session fordere ich den Bund daher auf, sich für bessere Transparenz und Kostenwahrheit in Bezug auf Tierwohlleistungen einzusetzen – insbesondere auch was die Bilanz importierter Produkte betrifft, da wir noch immer einen grossen Teil des konsumierten Geflügels aus Brasilien und Slowenien importieren, ohne dass Konsumierenden das bewusst ist.

Für einen medialen und gesellschaftliche Aufschrei sorgten jedoch nicht die externen Kosten, sondern die Gelder des Bundes, die in die Tierproduktion fliessen. Eine fleischbetonte Ernährung wird gemäss Studie mit rund 500 Franken Bundesgeldern unterstützt, während in die pflanzlichen Produkte gerade einmal 50 Steuerfranken fliessen.

“Fleischsubventionen abschaffen!” , wurde folglich in den Kommentarspalten skandiert und da ich für mein tierschützerisches Engagement bekannt bin, wurde ich von verschiedener Seite aufgefordert, eine Kürzung der Bundesgelder für die Landwirtschaft zu verlangen. Ich tue es natürlich nicht und zwar, das mag überraschen, aus Tierschutzgründen.

Die Gelder des Bundes fliessen nämlich zu grossen Teilen in Tierwohlprogramme und die Förderung der Alpwirtschaft sowie in die Landwirtschaft in Bergzonen. Extensive Landwirtschaft wird je länger je mehr begünstigt und auch wo Gelder in die konventionelle Landwirtschaft fliessen geht es darum, den Bauern die im internationalen Vergleich kleinräumige und extensive Landwirtschaft zu ermöglichen, ohne vom Preisdruck durch importierte Produkte schlicht zermalmt zu werden.

Ohne Direktzahlungen für die Tierproduktion würde diese keinesfalls einfach aufgegeben, wie es sich einige Veganer*innen vorstellen und vermutlich wünschen. Die Folge wäre, dass kleinere Betriebe und Höfe in Bergzonen kein Auskommen mehr erwirtschaften könnten und die Alpwirtschaft aufgeben würden. Das kann man als Veganer*in in Kauf nehmen, ev. sogar begrüssen, doch es ist nicht die einzige Konsequenz der Streichung dieser Gelder. Durch die fehlenden Anreize für eine tiergerechtere, extensivere Landwirtschaft und den Preisdruck durch Importprodukte würde sich der Strukturwandel hin zu immer weniger Betrieben, die immer intensiver und immer grössere Mengen produzieren, beschleunigen. Und wer kann es ihnen verübeln? Die Produktion tierischer Produkte in der Schweiz ist durch die höheren Anforderungen und Löhne überproportional teurer als jene im Ausland und wenn das nicht aufgefangen wird, muss auch in der Schweiz billiger produziert werden. Das funktioniert, intensivere, industriellere Betriebe müssten nicht aufgeben, aber es funktioniert nur auf Kosten der Tiere und der Standortgerechtigkeit.

«Politisch werde ich mich daher für stärkere Anreize für den Anbau von Leguminosen und Eiweisskulturen für den menschlichen Konsum einsetzen und es Bauern damit vereinfachen, statt auf Futtermittelproduktion auf die Produktion menschlicher Nahrung zu setzen und damit – ganz im Sinne der Selbstversorgungsinitiative der SVP – sogar den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen.»

Was also könnte als sinnvollere Forderung aus der Studie abgeleitet werden, wenn nicht die Abschaffung der Direktzahlungen für die tierische Produktion? Natürlich kann man sich aus liberaler Sicht fragen, ob es Staatsaufgabe sei, finanziell für den Erhalt einer kleinräumigen Landwirtschaft aufzukommen und dies in Frage stellen. Da eine standortgerechte Landwirtschaft aber den Zielen des Bundes entspricht und der Markt die externen Kosten einer ressourcenintensiven Produktion nicht berücksichtigt, ist es die Aufgabe des Bundes, für die Erreichung der eigenen Ziele zu sorgen. Und damit wären wir bei einer tatsächlich sinnvollen Forderung, denn zu den ernährungspolitischen Zielen des Bundes gehört auch eine vermehrt pflanzenbasierte Ernährung und eine Reduktion des Fleischkonsums – aus rein gesundheitlichen Gründen. Im Sinne der Erreichung der eigenen Ziele wäre es daher angebracht, nicht der kleinstrukturierten Landwirtschaft die Mittel zu entziehen, sondern vielmehr für eine Gleichbehandlung der pflanzlichen Kulturen zu sorgen. Politisch werde ich mich daher für stärkere Anreize für den Anbau von Leguminosen und Eiweisskulturen für den menschlichen Konsum einsetzen und es Bauern damit vereinfachen, statt auf Futtermittelproduktion auf die Produktion menschlicher Nahrung zu setzen und damit – ganz im Sinne der Selbstversorgungsinitiative der SVP – sogar den Selbstversorgungsgrad zu erhöhen.


Meret Schneider, Eintrag bei Wikipedia
Meret Schneider, Eintrag auf der Parlamentsseite


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One thought on “Meret Schneider: Festhalten an Fleischsubventionen

  1. Das Ende des Beitrags deutet darauf hin, dass die Autorin mit dem heutigen «Fleischsubventionen» bis auf Nuancen einverstanden ist. Das darf man natürlich so sehen. Problematisch wird es aber, wenn man den Leuten erzählt, dass die 2 Milliarden Subventionen für tierische Nahrungsmittel der Umwelt und der kleinstrukturierten Landwirtschaft dienen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Beitrag geht gründlich an der Sache vorbei und führt die Lesenden in die Irre.

    1. «Die Gelder des Bundes fliessen nämlich zu grossen Teilen in Tierwohlprogramme und die Förderung der Alpwirtschaft sowie in die Landwirtschaft in Bergzonen.» –ANTWORT: Die Autorin ist hier sehr ungenau. Die zielgerichteten Beiträge des Bundes für eine umweltschonende und kleinstrukturierte Landwirtschaft rechnet die Studie GENAU NICHT zu den Beiträgen für Nahrungsmittel (s. Studie). Eingeschlossen sind hingegen die Beiträge zur Vermeidung von Umweltschäden. Das sind schlicht Produktionskosten. Sie sind – nicht nur aus wirtschafts-, sondern auch aus gesellschaftsliberaler Sicht – von den Verursachern zu tragen.

    2. «Ändern liesse sich das, indem man die Umweltkosten eines Produkts internalisiert, was in der Umsetzung enorm komplex, aber sicherlich lohnend wäre. – ANTWORT: Die Umweltkosten der Landwirtschaft zu senken, ist nicht komplex. Was es dazu braucht, sind Umweltgesetze und Beiträge, die sich an einer standortangepassten Produktion orientieren anstelle der heutigen «Fleischsubventionen».

    3. «Was also könnte als sinnvollere Forderung aus der Studie abgeleitet werden, wenn nicht die Abschaffung der Direktzahlungen für die tierische Produktion?» – ANTWORT: Die Autorin weigert sich auch hier, zwischen sinnvollen Beiträgen und weniger sinnvollen Beiträgen für die Landwirtschaft zu unterscheiden.

    4. «Im Sinne der Erreichung der eigenen Ziele wäre es daher angebracht, nicht der kleinstrukturierten Landwirtschaft die Mittel zu entziehen, sondern vielmehr für eine Gleichbehandlung der pflanzlichen Kulturen zu sorgen. Politisch werde ich mich daher für stärkere Anreize für den Anbau von Leguminosen und Eiweisskulturen für den menschlichen Konsum einsetzen (…)» – ANTWORT: Gleichbehandlung ist kaum möglich. Die ganze Pflanzenproduktion kostet nicht so viel wie die Beiträge für die Tierproduktion. Der Bund müsste also mehr als 100% der Kosten übernehmen. Auch der Vorschlag, das Problem mit der Förderung von Linsen anzugehen, deutet darauf hin, dass die Autorin die Relationen verkennt. Oder die Umweltprobleme der Landwirtschaft nicht sehr ernst nimmt?

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