Meret Schneider: Pferdefleisch aus Übersee – mein Vorstoss wäre aktueller denn je

Meret Schneider: Pferdefleisch aus Übersee – mein Vorstoss wäre aktueller denn je
Meret Schneider, Nationalrätin, Grüne Schweiz. (Bild: parlament.ch)

Es gibt Momente, da freut man sich, recht zu haben. Und dann gibt es Situationen wie diese, in denen man sich wünscht, die Entwicklung hätte einen anderen Lauf genommen und die eigenen Prognosen wären nicht eingetroffen. Noch in meiner Zeit als Nationalrätin habe ich vor gut drei Jahren einen Vorstoss eingereicht, der ein Verbot des Imports von tierquälerischem Pferdefleisch insbesondere aus Argentinien und Uruguay forderte.

Dies deshalb, weil NGO-Untersuchungen und EU-Audits, die seit 2010 durchgeführt wurden, gezeigt haben, dass die EU-Anforderungen in Bezug auf den Tierschutz und die Rückverfolgbarkeit von Pferden in Argentinien, Australien, Kanada und Uruguay nicht eingehalten werden. Pferde werden entlang der Produktionskette von Pferdefleisch systematisch vernachlässigt und misshandelt. Soweit, so klar: wenn Anforderungen und Rückverfolgbarkeit nicht gewährleistet werden können, sollte nicht importiert werden dürfen – auch aus Konsumentensicht ist es schliesslich fragwürdig, Pferdefleisch zu kaufen, von dem weder jemand weiss, woher es genau kommt, noch wie die Pferde gehalten wurden oder inwiefern sie medikamentös behandelt wurden.

Erstaunlich positiv und entgegenkommend fiel in der Folge die Antwort des Bundesrates aus. So war in seiner Antwort auf mein Postulat zu lesen: Der Bundesrat erachtet es als wichtig, dass unabhängig von den amtlichen Massnahmen sichergestellt wird, dass die Marktteilnehmer (Importeure, Wiederverkäufer) ihre Selbstverantwortung wahrnehmen, namentlich indem alle Voraussetzungen für einen Import (z.B. Rückverfolgbarkeit der Tiere) überprüft werden. Das BLV hat die Schweizer Importeure aufgefordert, entsprechende Verbesserungen vorzunehmen. Die Importeure haben bereits darauf reagiert und das BLV informiert, dass sie ihre Anstrengungen verstärken. So sind sie gemeinsam mit Importeuren der EU am Ausbau des zertifizierten Kontrollsystems, das auch Videoüberwachung und unangemeldete Kontrollen vor Ort in den Exportländern umfassen soll.

Das BLV hat die im Postulat geforderte Prüfung von Massnahmen bereits initiiert. Ein zusätzlicher Auftrag im Sinne des Postulats ist daher nicht notwendig.

Klang erst einmal sinnvoll und stimmte mich zuversichtlich – die aktuelle Entwicklung jedoch führt mir das Rosa meiner Brille und meinen ungerechtfertigten Optimismus deutlich vor Augen. Vollmundig wurde angekündigt, dass der Bund den Import von Pferdefleisch aus Übersee verbieten werde, sollten Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Verzehr gesundheitliche Risiken eingehen, notfalls würde ein Verbot auch im Alleingang erlassen.

Nun, drei Jahre später ist klar: zu einem Importverbot wird es nicht kommen. Das Bundesamt hat von November bis Mitte Dezember 54 Proben auf Rückstände des Schmerzmittels Phenylbutazon untersucht, wie einem Bericht des Tagesanzeigers zu entnehmen ist. “Es konnten keine Rückstände gefunden werden”, wird eine Sprecherin des Amts im Tagesanzeiger zitiert. Dieser Befund des Bundesamts garantiert jedoch nicht, dass keine Medikamente zum Einsatz gekommen sind, die bei Tieren für den Lebensmittelmarkt verboten sind. Die Pferde könnten mit anderen Mitteln behandelt worden sein, wie aktuelle EU-Berichte erwähnen, beispielsweise mit Hormonen wie Testosteron, das bei Pferden als Dopingmittel eingesetzt wird. Denkbar ist auch, dass die Absetzfristen vor der Schlachtung eingehalten wurden, wodurch Rückstände nicht mehr messbar sind. Die Beschränkung der Kontrollen auf Phenylbutazon ist angesichts der EU-Berichterstattung somit absolut fragwürdig und wirkt nach Augenwischerei. Statt Klarheit, wird ein Feigenblatt geschaffen, das nun als Rechtfertigung für jegliche weitere Importe dient. Bei einem Import von 1000 Tonnen Pferdefleisch wurden ausserdem lediglich 54 Proben kontrolliert, was an der Repräsentativität zweifeln lässt.

Der Grund, weswegen der Bund hier so zögerlich voranschreitet und in Tat und Wahrheit keine klare Situation schaffen will – anders sind diese Schein-Kontrollen nicht zu interpretieren – dürfte ein politischer sein, denn auch auf europäischer Ebene deutet derzeit  kaum etwas auf ein baldiges Importverbot hin. Die Schweiz bildet mit der EU einen gemeinsamen Veterinärraum. Das entsprechende bilaterale Abkommen sieht vor, dass die EU bei wiederholten Verstössen gegen die EU-Bestimmungen fehlbare Betriebe und ganze Staaten von der Liste streichen kann; die Schweiz würde nachziehen.

Die EU hat aber über allfällige Importrestriktionen noch nicht entschieden, was an der Aushandlung des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten liegen dürfte. “Importverbot notfalls im Alleingang” wie vom Bund angekündigt? – Weit gefehlt! Einziger Hoffnungsschimmer, und ich hätte selber nie gedacht, dass ich dies einmal sagen werde, ist hier der Branchenverband Proviande: Dieser hat im Dezember zum freiwilligen Verzicht der Schweizer Fleischbranche auf den Import von Pferdefleisch aus den betroffenen Ländern aufgerufen. Inwiefern der Aufruf erfolgreich sein wird, ist noch offen – ich bleibe hier auf jeden Fall an der Thematik dran und werde wenn nötig mit befreundeten Parlamentsmitgliedern erneut politische Forderungen aufgleisen.


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