Meret Schneider: Ei, Ei, Eiermangel

Meret Schneider: Ei, Ei, Eiermangel
Meret Schneider, Nationalrätin, Grüne Schweiz. (Bild: parlament.ch)

Wer derzeit im Coop oder in der Migros am Eierregal vorbeigeht, trifft öfter bei bestimmten Eierklassen auf gähnende Leere. Mal fehlen Bio-Eier, mal sind die Schweizer Picknickeier knapp – bereits Wochen vor Ostern übersteigt die Nachfrage das Eierangebot massiv. Die Gründe dafür sind einfach und nachvollziehbar: Zum einen konsumieren Schweizerinnen und Schweizer immer mehr Eier, ein Trend, der schon seit Längerem zu verzeichnen ist und auf das Image des Eis als guter Proteinlieferant und günstige Alternative zu Fleisch zurückzuführen ist. Zum anderen kann die Produktion nicht auf Knopfdruck gesteigert werden, sondern braucht ca. 18 Monate Vorlaufzeit, was eine genaue Planung erschwert.

Sind zu viele Eier auf dem Markt, führt das zu grossen Verlusten auf Seiten der Bauern, weswegen eher konservativ prognostiziert wird. Auch international sind Eier derzeit Mangelware: Da die USA im grossen Stil Eier importieren, unter anderem aus Europa, und Vogelgrippefälle auch in Ländern wie Deutschland, Italien, Polen, Grossbritannien oder Österreich in Hühnerställen aufgetreten sind, fehlen in Europa massiv viele Eier, wie in einem Artikel des Tagesanzeigers zu lesen ist. In den USA geschieht nun, was bei einem Nachfrageüberhang bei geringem Angebot zu erwarten ist: Die Preise steigen, Eier werden teurer. Ganz anders sieht es in der Schweiz aus.

Intuitiv würde man eine solche Entwicklung als gute Nachricht für Schweizer Eierproduzentinnen und -produzenten einordnen, da diese nun bezüglich der Produzentenpreise eine stärkere Verhandlungsposition haben müssten. Im umgekehrten Fall, also wenn beispielsweise Milchüberschuss herrscht, werden schliesslich auch entsprechend die Preise gedrückt. Da die Produzentenpreise aber jeweils im Herbst fürs kommende Jahr vereinbart werden, profitieren Bauern und Bäuerinnen nicht von der Situation. Was hier noch nachvollziehbar wirkt, wird jedoch in Bezug auf die Importeier, oftmals aus Bodenhaltung, die derzeit die Regallücken füllen, geradezu ad absurdum geführt.

Die beiden orangen Detailhändler geben nämlich stolz bekannt, die bis zu 8% höheren Preise, die sie derzeit für Importeier auf dem europäischen Markt berappen müssen, nicht an die Konsumierenden weiterzugeben. An sich ein edler Schritt, hier die Kundinnen und Kunden vor Preissteigerungen zu bewahren. Was aber parallel geschieht, mutet wie ein Schildbürgerstreich an. So gibt es derzeit in der Migros 21% auf Importeier aus Bodenhaltung; 18 Stück kosten gerade einmal realitätsverweigernde CHF 4.95, also 28 Rappen pro Ei! Und auch im Coop gibt es Bodenhaltungseier aus der EU für exakt 28 Rappen pro Ei – für 28 Rappen kriege ich im Coop nicht mal einen Kaugummi. Daneben wird an den Regalen mittels leuchtender Schilder für “Tiefpreise” geworben.

Wertschätzung für ein Produkt, für das Tiere aufgezogen und gehalten werden, für das Tiere letztlich auch sterben und in das viel Energie und Arbeit geflossen ist, sähe definitiv anders aus. Zudem ist es eine Respektlosigkeit den Schweizer Bäuerinnen und Bauern gegenüber, statt Schweizer Produzentenpreise zu erhöhen, teurere Importeier zu Dumpingpreisen an die Kundinnen und Kunden zu bringen. Klar, Lebensmittel sollen sich alle leisten können, keine Frage. Aber 28 Rappen für ein Ei und die Bewerbung am Regal mit gelb leuchtendem Schild “Tiefpreis” in einer Situation des Eiermangels entbehrt einfach jeder Vernunft. Ich sage das selten, aber manchmal wünschte ich mir die unsichtbare Hand des freien Marktes, die regelnd eingreift.


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