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Zürich – Die Migros wird zum grössten Anbieter von Hausarztmedizin in der Schweiz. Medbase, eine Tochter des Detailhandelsriesen, übernimmt 70% an den Santémed Gesundheitszentren der Krankenkasse Swica.
Mit dem Zusammenschluss entsteht nach Angaben von Migros das grösste Netzwerk in der ambulanten medizinischen Grundversorgung in der Schweiz. Santémed betreibt mit 600 Mitarbeitern 23 Zentren. Medbase hat 12 Standorte in der Deutschschweiz mit 270 Mitarbeitern. Eine Expansion in die Westschweiz und ins Tessin ist geplant. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Für Swica-Versicherte werde das bisherige Angebot, insbesondere auch der bevorzugte Zugang zu Behandlungsterminen, auf die zusätzlichen Gesundheitszentren von Medbase ausgeweitet, teilten Migros und Swica am Freitag mit. Mit rund 1,3 Millionen Versicherten ist Swica eine der führenden Kranken- und Unfallversicherungen in der Schweiz.
Alles aus einer Hand
Sowohl Santémed als auch Medbase haben die ambulante Grundversorgung, Spezialarztmedizin und Therapieleistungen im Angebot. Während Santémed zusätzlich auf die ambulante Chirurgie spezialisiert ist, liegt der Fokus von Medbase vor allem auf dem Bereich der Sportmedizin.
Durch die Übernahme könne neu die ganze Palette an Dienstleistungen aus einer Hand angeboten werden, heisst es in der Mitteilung. Im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft zwischen der Migros und Swica sollen künftig zudem weitere Dienstleistungen und Produkte lanciert werden, von denen Swica-Versicherte teils bevorzugt profitieren können, beispielsweise im Bereich der Prävention.
Keine Überraschung
Für Branchenkenner kommt der Zusammenschluss nicht überraschend. Am vergangenen Wochenende hatte auch bereits die «Ostschweiz am Sonntag» über einen möglichen Kauf berichtet. Die Migros versuche schon seit einiger Zeit etwa mit eigenen Fitnesszentren und gesunder Ernährung im Gesundheitswesen Fuss zu fassen, sagte Felix Schneuwly, Krankenkassenexperte beim Internet-Vergleichsdienst Comparis, der Nachrichtenagentur sda. Mit dem Kauf der Swica-Gesundheitszentren stosse der Detailhändler nun allerdings in den Kernbereich der Gesundheitsversorgung vor.
Wegen der steigenden Kosten für Infrastruktur und des zunehmenden Wunsches nach Teilzeitarbeit gebe es immer weniger Praxen mit einem einzelnen Arzt. Dass Migros vor diesem Hintergrund mit Gemeinschaftspraxen expandiert, sei nachzuvollziehen und mache auch Sinn.
Versicherer im Interessenkonflikt
Auch den Verkauf der Gesundheitszentren durch Swica begrüsst der Krankenkassenexperte. «Es ist grundsätzlich problematisch, wenn ein Krankenversicherer gleichzeitig auch Leistungserbringer ist. Eine Krankenkasse, die die Kosten möglichst tief halten soll, sollte nicht gleichzeitig umsatzorientierte Praxen führen», sagt Schneuwly. In der gleichen Situation seien die Kantone und ihre Spitäler.
Bedenken äusserte Schneuwly dagegen aus Gründen des Datenschutzes. Die Rolle des Detailhändlers als Sammler von Daten in zahlreichen Lebensbereichen sei fragwürdig. (awp/mc/pg)